James Suzman kennt die Geschichte des Lebens

Die lange Geschichte des Lebens auf der Erde beruht nach heutiger Auffassung auf der Fähigkeit des Lebens, Energie aus fortschreitend neuen Quellen zu gewinnen. James Suzman erläutert: „Zuerst aus der Wärme des Erdmantels, dann aus dem Sonnenlicht, dann aus Sauerstoff und schließlich auch aus dem Fleisch anderer Lebewesen.“ Parallel dazu entwickelten sich zunehmend komplexere, energiehungrigere und mehr Arbeit im physikalischen Sinn leistende Lebensformen. Die ersten Lebewesen auf dem Planeten Erde waren mit großer Sicherheit einfache einzellige Organismen. Diese besaßen, wie die Bakterien, weder einen Zellkern noch Mitochondrien. Sie „ernährten“ sich wahrscheinlich von der durch biochemische Reaktionen zwischen Wasser und Gestein freigesetzten Energie. Dabei lernten sie diese Energie auf ein hochspezialisiertes Molekül zu übertragen. James Suzman ist Direktor des anthropologischen Thinktanks Anthropos und Fellow am Robinson Collage der Cambridge University.

Schon vor 3,5 Milliarden Jahren lebten Bakterien auf der Erde

Dieses Molekül speichert die Energie in seinen chemischen Bindungen und gab sie frei, wenn diese Bindungen aufgesprengt wurden. Dadurch konnte der Organismus Arbeit leisten. Dieses Molekül, das Adenosintriphosphat oder ATP, ist die Energiequelle, die alle Zellen nutzen, um physikalische Arbeit zu leisten. Mit deren Hilfe bewahren sie ihr inneres Gleichgewicht, wachsen und vermehren sich. Schon seit sehr langer Zeit existiert auf der Erde Leben, das sich freie Energie einverleibt. Es speichert diese in ATP-Molekülen und setzt sie in Arbeit um, die den Planeten Erde verändert.

James Suzman stellt fest: „In allen Weltgegenden belegen fossile Funde, dass schon vor 3,5 Milliarden Jahren Bakterien auf der Erde gelebt haben.“ Es gibt darüber hinaus weitere, aber umstrittene fossile Belege für die Existenz von Leben vor 4,2 Milliarden Jahren, also nur 300 Millionen Jahre nach der Geburt der Erde. Die bakterienartigen Pioniere des Lebens auf der Erde mussten mit Bedingungen zurechtkommen, die aus der Sicht der meisten heutigen Lebensformen erstaunlich lebensfeindlich waren.

Durch die Evolution entwickelten sich neue Arten

Denn die junge Erde war ein brodelnder Hexenkessel vulkanischer Aktivität und wurde von einem fast kontinuierlichen Meteoritenhagel bombardiert. Zudem enthielt die Atmosphäre wenig Sauerstoff. Und es gab keine Ozonschicht, die empfindliche Organismen davor schützte, dass sie die Sonnenstrahlung nicht dörrte. Aus diesem Grund verrichteten die ersten irdischen Lebensformen ihre Arbeit in sicherer Deckung vor der brennenden Sonne.

Doch im Lauf der Zeit entwickelte sich dank einer weiteren exklusiven Eigenschaft des Lebens, seine Fähigkeit zur Evolution, neue Arten. Diese besaßen die Fähigkeit, Energie aus anderen Quellen zu schöpfen und andere Lebensräume zu besiedeln, in denen sie überleben und sich vermehren konnten. Irgendwann, wahrscheinlich vor rund 2,7 Milliarden Jahren, versetzte eine Abfolge günstiger genetischer Mutationen einige Lebensformen in die Lage, sich aus der Dunkelheit hervorzuwagen. Sie schlossen Freundschaft mit dem Sonnenlicht, dem alten Feind des Lebens und nutzten dessen Energie für einen Prozess namens Fotosynthese. Quelle: „Sie nannten es Arbeit“ von James Suzman

Von Hans Klumbies