Die Kommunikation ist extrem schnell geworden

Ein Klima der Kälte, Härte und Strenge schafft effiziente Apparate und Programme für die maximale Optimierung von Ressourcen. Dabei entsteht eine perfekte rationale Ordnung von Raum und Zeit. Diese ist verbunden mit extrem schnellen Formen der Kommunikation. Isabella Guanzini kritisierte: „Doch dies garantiert keine menschenwürdige Situation für die Beteiligten und auch keinen gemeinsamen Horizont, in dem man einen Sinn fürs Leben und für das Zusammenleben finden könnte.“ Die jüngeren Generationen erleben hautnah die Kluft zwischen Zweckrationalität und symbolischer Verantwortung. Diese wird in dieser Rationalität so gut wie systematisch annulliert. Die Wegscheide nimmt der Einzelne im Innersten wahr, auch wenn er dies nicht oft zum Ausdruck bringt. Die Überproduktion von Sprachen und Strategien der Kommunikation dient der Werbung und dem Marketing der Dinge und Informationen. Isabella Guanzini ist Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz.

Die Grenzen der Sprache sind die Grenzen der Welt

Das Vokabular des Gefühlsspektrums verflacht immer mehr. Es verarmt jene Sprache, die in der Lage ist, Träume auszusprechen, vom Scheitern zu erzählen und Konflikte zu verarbeiten, damit sich diese nicht unmittelbar in Taten und Gewalttaten verwandeln. Ludwig Wittgenstein schreibt: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ In diesem Sinne spiegelt ein an Gefühlen und Resonanzen arme Sprache eine abgeschottete Welt wider.

Diese Welt droht in kurzer Zeit unempfindlich zu werden. Manche Dinge kann man jedoch mit einem Wort nicht ausdrücken. Aber das Benennen der Kräfte verhindert zumindest, dass diese zu reinen Instinkten verkommen. Vielmehr befördert es deren Verwandlung in konstruktive Energien, die man der Welt zur Verfügung stellt. Die Schwierigkeit, sein innerstes Gefühlsleben zu verstehen und zu offenbaren, wird laut Isabella Guanzini vor allem beim Mann deutlich.

Alle Menschen brauchen Zärtlichkeit

Ständig lauert in ihm die unbewusste Angst, als unmännlich zu gelten und seine Vormachtstellung als Mann zu verlieren. Dies generiert zerstörerische Dynamiken der Aggressivität und übertriebene Mechanismen der Verteidigung. Isabella Guanzini erklärt: „Viele Männer sind für die Sprache der Zärtlichkeit und deren Wirkung unzugänglich. Ihnen bleibt nur die Sprache der physischen oder psychologischen Gewalt, eine übergriffige und beherrschende Sprache.“

Diese Haltung richtet sich gegen die anderen Männer, vor allem aber gegen die Frauen, die eigentlich die Ersten wären, denen Zärtlichkeit zuteilwerden sollte. Doch die Tendenz zur Gewalt betrifft letztlich alle. Denn der kollektive Druck, stark sein zu müssen und nie um etwas zu bitten, dringt ins Innerste. Dieser Druck ist jedoch früher oder später nicht mehr zu bewältigen und wird unerträglich. Denn er ist für Männer und Frauen unnatürlich. In unserer gemeinsamen Verletzlichkeit bedürfen wir alle der Zärtlichkeit. Quelle: „Zärtlichkeit“ von Isabella Guanzini

Von Hans Klumbies