In einem Jahr werden 98 Prozent der Atome im Körper ausgetauscht

Indem Menschen atmen, essen, trinken und ausscheiden, wechseln sie die Stoffe, aus denen sie bestehen, permanent aus. Innerhalb eines Jahres werden 98 Prozent aller Atome im menschlichen Körper ausgetauscht. Fabian Scheidler erklärt: „Wenn wir diese Vorgänge quantenphysikalisch betrachten, zeigen sich die scheinbar soliden und statischen Atome darüber hinaus als eine ununterbrochene Fluktuation von energetischen Beziehung, die alles mit allem verbinden.“ Menschen sind keine abgeschlossenen Objekte und auch keine souveränen Herrscher über eine außer ihnen stehende Natur, sondern Austauschwesen, Durchgangsorte, Transformationen. Der Stoff, aus dem Menschen bestehen, ist nicht nur mysteriöser und weit weniger materiell, als man glaubt, sondern auch permanent im Fluss. Dieser Fluss spielt sich auf mindestens zwei ineinander verschränkten Ebenen ab. Der Publizist Fabian Scheidler schreibt seit vielen Jahren über globale Gerechtigkeit.

Die menschliche Lebensenergie ist Teil einer Kette von Umwandlungen

In dem Sonnen- und Erdsystem einschließlich der Biosphäre und den menschlichen Gesellschaften. Fabian Scheidler weiß: „Die Fusion von Wasserstoff zu Helium in der Sonne ist die primäre Energiequelle sämtlicher Lebensprozesse auf der Erde.“ Vor etwa drei Milliarden Jahren begannen Bakterien damit, die Lichtenergie der Sonne in chemische Energie umzuwandeln und in verschiedenen Zuckern und komplexeren Molekülen wie Adenosintriphosphat zu speichern, die sich bei Bedarf wieder aufspalten lassen, um die Energie freizusetzen.

Auf diese Erfindung beruht das Leben der Pflanzen. Fabian Scheidler fügt hinzu: „Die Energiezufuhr sämtlicher Tiere, einschließlich der Menschen, speist sich wiederum aus dieser Quelle. Entweder essen wir Pflanzen und deren Früchte oder andere Tiere, die sich wiederum von Pflanzen ernährt haben.“ Wobei das Essen von Tieren die denkbar ineffizienteste und destruktivste Methode ist, an die energiereichen Moleküle zu kommen. Die menschliche Lebensenergie ist also Teil einer Kette von Umwandlungen, die bei der Sonne beginnt.

Ohne Pflanzen und Tiere wäre die Menschheit in kurzer Zeit tot

Fabian Scheidler schreibt: „Durch unsere Ausscheidungen geben wir auch Stoffe zurück, wie wiederum für Pflanzen und einige Tiere nützlich sind. Allerdings handelt es sich nicht um einen geschlossenen Kreislauf oder gar um ein Perpetuum mobile, denn der irdische Kreislauf des Lebens kann nur aufrechterhalten werden, indem die Sonne sich verausgabt und uns eine Energie spendet, die ihr die Erde niemals zurückgeben kann.“ Angesichts dieser Verwandlungszyklen von isolierten, die abgetrennt von einer äußeren „Natur“ existieren, als absurd.

Würden Pflanzen und Tiere ihre Aktivität einstellen, wäre die Menschheit in relativ kurzer Zeit tot – auch wenn sie über noch so viel Technologie, Erdöl und Geld verfügt. Fabian Scheidler ergänzt: „Neben dem großen solar-biosphärischen Stoffwechsel sind wir auch stets eingebunden in gesellschaftliche Austauschprogramme, die ein Subsystem der Biosphäre bilden.“ Die Dinge, die man für sein tägliches Leben braucht, sind meist durch die Hände vieler anderer Menschen gegangen, denen man nie begegnet ist und die man wahrscheinlich nie kennenlernen wird. Quelle: „Der Stoff aus dem wir sind“ von Fabian Scheidler

Von Hans Klumbies