Ina Schmidt stellt den Philosophen René Descartes vor

Hinter dem Satz „Cogito ergo sum“ (Ich denke, also bin ich) von René Descartes steht die ziemlich fundamentale Überzeugung, dass zwar fast alles auf dieser Welt vom Kontext der jeweiligen Situation, der Zeit in der man lebt, von anderen Menschen und Kulturen abhängt. Doch ein Mensch kann am Ende aller Bedingtheiten seiner selbst als ein denkendes Wesen sicher sein und ist deshalb imstande die Welt zu erklären. Ein Mensch kann also nicht nur suchen, sondern auch finden – beziehungsweise erkennen, so René Descartes. Auf diese Weise begann der moderne Vormarsch des Individuums. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

Immanuel Kant formuliert den Appell „Sapere aude“

Im 18. Jahrhundert zum Beispiel war der deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder überzeugt, dass „der tiefste Grund unseres Daseins“ individuell sei, „sowohl in Empfindungen als in Gedanken“. Ina Schmidt erläutert: „Darin lag zunächst ein großer Schritt zumindest für die Idealvorstellung von dem, was ein einzelner Mensch zu erreichen imstande sein könnte, aber es war gleichzeitig der Beginn eines Ringens um Anerkennung für das, was wir geleistet und erreicht beziehungsweise erkannt haben.“

So war René Descartes einer der ersten Denker der Aufklärung, der im achtzehnten Jahrhundert die Rolle des autonomen Individuums stark machte und neben der Klärung der Dinge eben auch fest daran glaubte, dass man die Welt, die man vorfindet, verbessern kann. Die Voraussetzung ist aber, dass man mutig genug ist, sich seines Verstandes ohne fremde Hilfe zu bedienen, wie es im achtzehnten Jahrhundert dann der Philosoph Immanuel Kant in dem zentralen Appell der Aufklärung „Sapere aude“ formulierte.

Jeder Mensch muss sein Leben als Aufgabe annehmen

In dieser Zuschreibung des Menschen als eines vernunftbegabten Wesens, das nicht nur in der Lage, sondern auch verpflichtet dazu sei, sich auf den Weg zu machen und sein Leben als Aufgabe anzunehmen, findet Ina Schmidt vieles von dem wieder, was viele Menschen heutzutage von sich selbst fordern. Die Aufklärer wollten aufklären, Dinge erklären, ein wenig Licht ins Dunkel der Welt bringen und sich nicht zufriedengeben. Der Dichter und Denker Gotthold Ephraim Lessing sah in diesem Streben nichts weniger als den Wert des Menschen.

Gotthold Ephraim Lessing schreibt: „Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist, oder zu sein vermeint, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen.“ Diese geistige Tradition wirkt bis heute fort, wenn auch auf anderen Wegen und Bahnen und leider nicht immer so, um wirklich dem Streben nach Erkenntnis nachzugehen. Aber es gibt auch Menschen, die sich nicht zufriedengeben, sich kaum in ein Schicksal fügen und zu suchen anfangen, wenn etwas fehlt – und das auf sehr vielen und sehr unterschiedlichen Ebenen des Lebens. Quelle: „Das Ziel ist im Weg“ von Ina Schmidt

Von Hans Klumbies

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