Einer Definition zufolge, kann man Zen als die Meditationsschule im Buddhismus bezeichnen. Der indische Patriarch Bodhidharma soll die Lehre des Zens im 6. Jahrhundert nach China gebracht haben. Wissenschaftler glauben, dass er auch der Urheber der Heiligen Grundsätze (gatha) ist, in der Bodhidharma die Zen-Lehre zusammenfasst. Er beschreibt sie als eine besondere Vermittlung außerhalb der lehrhaften Unterweisung, ohne die sonst übliche Abhängigkeit von Buchstaben und Wörtern, die unmittelbar auf den Geist eines jeden Menschen zielt und in sein Wesen blickt, wodurch er die Buddhaschaft erlangt.
Im Zen ist jeder Mensch einzigartig
Die Philosophie des Zens ist von der Spontaneität, der Echtheit, der Unmittelbarkeit und der Einzigartigkeit der Erfahrungen jedes Menschen überzeugt. Außerdem nimmt sie eine radikale Haltung gegenüber einer jeglichen Autorität ein. Seinen Höhepunkt erreichte der Einfluss des Zens in China in der Sung-Zeit, die von 960 bis 1279 dauerte. Während dieser Epoche kam die Lehre durch japanische Mönche in zwei Ausprägungen nach Japan. Als neues Element brachten sie in das buddhistische Klosterleben auch die Bejahung der täglichen körperlichen Arbeit.
D.T.Suzuki (1870-1966), ein Vertreter des Zen-Buddhismus, definiert Zen als eine schwebende Wolke am Himmel, die von keiner Schraube befestigt und von keinem Strick gehalten werden kann. Zen spottet für ihn jeder Begrifflichkeit. Die geschichtlichen Wurzeln des Zens sind auch im Yoga zu finden, also dem Wissen um die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist und die herausragende Bedeutung des Atmens in diesem Prozess. Die Philosophie des Zens stammt auch vom Mahayana-Buddhismus ab, der die Wesenlosigkeit, die Leerheit und die Substanzlosigkeit aller Dinge, einschließlich des Ich betont.
Der Erleuchtete hat die Freiheit gefunden
Die Aufforderung des Zen lautet, zu sehen lernen, dass Buddha überall und jeder selbst ein Buddha ist. Der Mensch muss lernen, sein altes Ich zu verlieren, damit er sein wahres Ich findet. Dieser Prozess ist extrem schwierig, da das Bewusstsein des Menschen ständig mit Wünschen, Ängsten und Phantasien aller Art beschäftigt ist. So ist es ihm kaum möglich, das Hier und Jetzt wirklich offen und gleichsam ohne jegliches Vorurteil wahrzunehmen. Sein innerer Monolog ist allgegenwärtig.
Es ist der Mensch selbst, der ein unverkrampftes Erfassen der Wirklichkeit verhindert. Er kann die unwiederholbare Einmaligkeit des Augenblicks nicht erkennen, da er in seinem eigenen Ich gefangen ist. Die Philosophie des Zens nennt denjenigen Menschen einen Erleuchteten, der die Freiheit gefunden hat, im Augenblick zu sein. Die Ereleuchtung wird als eine Wiedergeburt mit bleibenden Folgen betrachtet, die eine zusätzliche Dimension des Menschen öffnet. Dieses Erlebnis wird von tiefer Freude begleitet.
Zazen, die Meditation im Sitzen, ist die wichtigste Übung des Zens. Die Meditierenden sitzen dabei mit offenen Augen vor einer Wand und atmen ganz ruhig. Sie bemühen sich dabei, nicht zu denken. Das Bewusstsein wird fahren gelassen, die Gedanken und Vorstellungen ruhen. Das einzige was zählt, ist das Denken des Nichtdenkens. Das oberste Ziel des Zens ist die Befreiung des Menschen durch den Wandel seiner Persönlichkeit. Nichts drückt das deutlicher aus, als der Satz: Finde den Buddha in dir.
Von Hans Klumbies
Eine schöne kleine Einführung. Nur ein kleiner Einwand: Im Zazen wird sich nicht bemüht, nicht zu denken, sondern man lässt Gedanken vorüberziehen, man haftet nicht an ihnen.