Wer sich genauer mit dem Phänomen der körperlichen und geistigen Identität, also der Gleichheit der Menschen beschäftigt, bemerkt hier eine der Hauptprobleme unserer Gesellschaft. Ille C. Gebeshuber erklärt: „Die etablierte Elite ist stets bestrebt, die ihr zugestandenen Privilegien für sich und ihre direkten Nachkommen zu erhalten. Dazu ist es notwendig, den freien Wettbewerb in der Gesellschaft massiv einzuschränken.“ Die Mitglieder der Elite werden gesellschaftliche und kulturelle Unterschiede schaffen, die sich mit der Zeit zu Zugangskriterien entwickeln. Diese Unterschiede sind in unserer modernen Gesellschaft zwar immer noch extrem stark ausgeprägt, aber sie sind weniger sichtbar als anno dazumal, weil Objektivierung und Leistung eine hohen Stellenwert genießen. In der digitalen Zukunft werden diese Unterschiede für Außenstehende noch weniger sichtbar sein. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.
Durch die Automatisierung gehen Arbeitsplätze verloren
Die privilegierte Zugang zu Bildung und Informationen wird den Wettbewerb ebenfalls massiv beeinflussen. Ille C. Gebeshuber stellt fest: „Ein Wettbewerb um Positionen kann nur stattfinden, wenn diese existieren. Hier wird der Verlust von Arbeitsplätzen durch die Automatisierung aller Lebensbereiche bereits heute zum Problem.“ Dies auch, weil der Dienstleistungsbereich nur eine begrenzte Anzahl von Spitzenpositionen bereitstellen kann. In der Zukunft müssen also noch mehr neue Positionen geschaffen werden.
Dies könnte durch das Einziehen von Zwischenebenen in die komplexer werdenden Abläufe der Gesellschaft geschehen. Auf diese Weise könnte man eigene Instanzen schaffen, um spezielle Problemstellungen abzuarbeiten und ihr verpflichtendes Siegel auf bestimmte Abläufe zu setzen. Ille C. Gebeshuber fügt hinzu: „Eine Vielzahl von neu entstehenden Institutionen schüfe so hochqualifizierte Arbeitsplätze in allen Bereichen.“ Aber geben derartige Arbeiten Sinn? Manchen sie die Menschen glücklich? Können sich die Menschen so genügend in die Gesellschaft einbringen?
In den Industrieländern wird es in Zukunft drei Schichten geben
Und Arbeitsplätze werden notwendig sein, um in Zukunft einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Ille C. Gebeshuber blickt voraus: „In den Industrieländern werden sich langfristig drei Schichten aus den gegenwärtigen Strukturen herausbilden: eine Oberschicht von reichen Erben, eine gut ausgebildete Mittelschicht und eine Unterschicht von durch staatliche Zahlungen versorgten Arbeitslosen.“ Bereits heute beobachtet man, wie die Lebenswelten der Gesellschaftsschichten immer weiter auseinanderfallen.
Die Vermischung der Schichten wird in Zukunft aufgrund der völlig unterschiedlichen Lebenswelten noch geringer als heute sein. Jede der drei Schichten wird ein relativ unabhängiges Leben voneinander führen und so Parallel-Ebenen bilden. Ille C. Gebeshuber weiß: „Geld ist Freiheit. Freiheit von Zwang, vor vielen Beschränkungen und vor allem auch vor der virtuellen Welt. Die Reichen der Zukunft werden den Verlockungen der maschinellen Träume ebenfalls ausgesetzt sein. Sie werden aber sehr genau zwischen der echten Welt und der digitalen Welt unterscheiden, die in der Zukunft immer mehr verschränkt werden.“ Quelle: „Eine kurze Geschichte der Zukunft“ von Ille C. Gebeshuber
Von Hans Klumbies