Der Rechtspopulismus ist eine manisch-sakrale Anrufung von Macht

Der gemeinsame Nenner von Strafen und Waffen ist unübersehbar. Das geht es immer irgendwie um das Thema Macht. Aber auch um das Gegenteil – die Ohnmacht, vor der man sich zum Beispiel schützen will. Uns schon betritt man wieder die politische Arena. Denn im Grunde ist der Rechtspopulismus eine manisch-sakrale Anrufung von Macht und Bedeutung: „Wir sind nur dann jemand, wenn wir mächtig sind.“ Beim Thema Strafen ruft Herbert Renz-Polster als Beispiel die USA auf. Sie sind mit ihrem Anteil an der Weltbevölkerung von nicht einmal fünf Prozent für fast ein Viertel der weltweit registrierten Strafgefangenen verantwortlich. In den dortigen Gefängnissen sitzen heute etwa 2,2 Millionen US-Amerikaner. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

Rechtsautoritäre Menschen verlangen harte Strafen

Bezogen auf die Bevölkerungsgröße sind das neunmal mehr Insassen als in Deutschland. Vier Millionen zu Gefängnisstrafen Verurteilte leben auf Bewährung auf freiem Fuß. Jeder dritte afroamerikanische Mann landet im Laufe seines Lebens im Gefängnis. Die Todesstrafe wurde in den letzten zehn Jahren in etwa der Hälfte der Bundesländer vollstreckt. Seltsam ist auch das: Obwohl sich in den letzten 25 Jahren auch in den USA die Zahl der Straftaten verringert hat, hat sich die Zahl der Gefängnisinsassen glatt verdoppelt.

Dem nicht genug. Trotz des Rekordanstiegs der Gefangenenzahlen stimmten im vergangenen Jahr fast zwei Drittel der Amerikaner der Aussage zu, die Strafgerichte seien „nicht hart genug“. Kurz, hinter den Zahlen steht ein Strafbedürfnis. Und dass dieses kein Privileg der US-Amerikaner ist, zeigt der Blick in so ziemlich jedes Partei- und Regierungsprogramm des rechtsautoritären Lagers weltweit. Woher kommt dieses Strafbedürfnis? Mit dieser Frage hat sich unter anderem der Kriminologe Prof. Christian Pfeiffer intensiv auseinandergesetzt. Sein Fazit: „Diese Haltung entsteht in der Kindheit.“

Eine harte Erziehung führt zu Misstrauen und Angst

Laut Christian Pfeiffer vermitteln schlagende Eltern ihren Kindern zwei klare Botschaften. Erstens: Strafe muss sein. Zweitens: der Stärkere darf und soll sich mit Gewalt durchsetzen. Im Grunde werde so das Selbstkonzept einer autoritären Persönlichkeit gefördert, die ein möglichst hartes Strafrecht fordert. Christian Pfeiffer fährt fort: „Hinzu kommt; Wer mit viel Schlägen und wenig Zuwendung groß geworden ist, entwickelt ein buchstäblich angeschlagenes Selbstbewusstsein. Solche Menschen sind häufig von Misstrauen und Angst geprägt. Auch das stärkt bei ihnen den Wunsch nach harten Abschreckungsstrafen.“

Umgekehrt kann Prof. Christian Pfeiffer mit eigenen Studien belegen, dass gewaltfrei erzogene Menschen eher dazu neigen, „ein maßvolles Strafrecht zu bevorzugen, in dem das Ziel der Wiedereingliederung des Täters in die Gemeinschaft hohe Bedeutung hat“. Kurz, die eigenen Erfahrungen mischen bei den politischen Überzeugungen entscheidend mit. Das gilt auch für das Thema Waffen. Etwa vierzig Prozent der US-Bürger besitzen eine Schusswaffe. Insgesamt sind im Land mindestens 300 Millionen Gewehre und Pistolen im Umlauf. Hätten dort 2016 nur Wähler mit Schusswaffen im Haushalt gewählt, hätte Donald Trump in allen Bundesstaaten gewonnen (bis auf Vermont). Hätten dagegen nur die ohne Schusswaffen gewählt, hätte umgekehrt Hillary Clinton in allen Bundesstaaten gewonnen (bis auf West Virginia). Quelle: „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert Renz-Polster

Von Hans Klumbies

Schreibe einen Kommentar