Harry Gordon Frankfurt – Willensfreiheit und Liebe

Harry Gordon Frankfurt bezeichnet einen Menschen, der frei ist, so zu handeln, wie er es will als handlungsfrei und denjenigen, der darüber hinaus frei ist, zu wollen, was er wollen will, als willensfrei. Kleine Kinder, Tiere aber auch manche Erwachsene gelten nicht als willensfrei, weil sie moralisch nicht für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden können. Er lehnt zwei weit verbreitete Auffassungen über die Willensfreiheit ab: erstens die Auffassung, dass ein Mensch nur dann frei gehandelt hat, wenn er anders hätte handeln können und zweitens, dass ihm Verantwortung für sein Handeln zukommt, wenn er zwischen mehreren Möglichkeiten wählen kann. Anders handeln zu können, stellt für Harry Gordon Frankfurt keine notwenige Bedingung für die Freiheit des Willens dar.

Die Liebe verleiht dem Leben der Menschen Struktur und Sinn

Auch wenn der Mensch nicht anders handeln konnte, ist für ihn eine hinreichende Willensfreiheit und Verantwortung gegeben, wodurch er wie er gehandelt hat, handeln wollte. Der Mensch hat die Möglichkeit, reflexiv zum eigenen Wollen Stellung zu beziehen. Er kann Wünsche erster und zweiter Stufe ausbilden und durch willentliche,  reflektierte Einstellungen zum Ausdruck bringen, welche Wünsche er in eine Handlung umsetzen will.

Wenn Wünsche zum Inhalt haben, dass bestimmte Wünsche handlungswirksam werden sollen, heißen sie Wünsche zweiter Stufe. Harry Gordon Frankfurt bezeichnet die Liebe als besonders intensive, weitgehend interessenfreie Form des sich Sorgens, die den Handlungen und dem Leben der Menschen Struktur und Sinn verleiht. Der Mensch liebt nicht deswegen, weil der andere oder die Dinge seine Liebe verdienten, sondern willenlos, ohne Grund und parteiisch.

Die Liebe steht über der Ratio und der Moral

Liebe entsteht nicht aus moralischen oder rationalen Gründen. Sie ist die Quelle spezifischer Gründe, dafür, auf eine bestimmte Art handeln zu wollen, Ziele zu haben und sich ein besonderes Leben zu wünschen. In der Liebe gibt es für Harry Gordon Frankfurt keine Zweideutigkeiten und keine Korruption. Wenn sich zwei Menschen lieben, wissen sie, um was sie sich Sorgen machen müssen und welche der eigenen Wünsche in Handlungen umgesetzt werden sollen.

Die Liebenden besitzen einen entschlossenen und freien Willen. Wer weder sich selbst noch andere liebt, nimmt sich selbst nicht ernst, ist ohne Entschlusskraft und Orientierung, voller Selbstzweifel und heteronom. Harry Gordon Frankfurt ist davon überzeugt, dass die Liebe eine größere Autorität für die Integrität und die Lebensführung eines Menschen beansprucht, als es rationale und moralische Normen es je könnten.

Kurzbiographie: Harry Gordon Frankfurt

Harry Gordon Frankfurt wurde 1929 in Pennsylvania geboren und studierte von 1949 bis 1954 an der Johns Hopkins Universität. Die Rockefeller Universität ernannte ihn 1969 zum Professor für Philosophie. 1978 wechselt er nach Yale, ab 1990 lehrte er bis zu seiner Emeritierung in Princeton. In Zentrum seiner Forschungen stand immer die Frage, was es bedeute, eine Person zu sein.

Harry Gordon Frankfurt hat unter anderen folgende Bücher veröffentlicht: „The Importance of What We Care About. Philosophical Essays” (1988), „Necessity, Volition, and Love” (1999), „The Reasons of Love” (2004), „On Bullshit“ (2005), „On Truth“ (2006).

Von Hans Klumbies