Das Prinzip der Weltoffenheit kämpft gegen den Partikularismus

Die Idee für das Buch „Der Krieg der Worte“ von Harold James ist dem Eindruck geschuldet, dass die heutige Debatte über die Globalisierung nicht auf einem klaren Verständnis der grundlegenden Konzepte und Begrifflichkeiten fußt. Aktuell ist das Erlebnis, wie das Aufeinandertreffen zweier Prinzipien oder Philosophien die Wirtschaft, Gesellschaft und Politik radikal verändern. Harold James schreibt: „Globalismus, Kosmopolitismus, Internationalismus, Multilateralismus: Es gibt viele Wörter für das Prinzip der Weltoffenheit. Auf der anderen Seite stehen Partikularismus, Lokalismus und Nationalismus.“ Ein Virus, der 2020 zum Gesicht – zur Verwirklichung – der Globalisierung wurde, hat diese Polarisierung weiter verschärft. Harold James hat eine Lehrstuhl für Geschichte an der Princeton University inne und ist Professor für Internationale Politik an der dortigen School of Public and International Affairs.

Im frühen 19. Jahrhundert entstehen die Schlüsselbegriffe der politische Moderne

Das Buch „Der Krieg der Worte“ geht davon aus, dass Zeiten des tiefgreifenden sozialen Wandels neue Fragen aufwerfen und neue Vokabeln hervorbringen. Harold James schreibt: „Unser Wortschatz ist ein Spiegel unserer Ideen, und diese bündeln unsere kollektiven Ansichten der Realität.“ Sie übersetzen individuelle Erfahrungen in ein allgemeines oder sogar universelles Verständnis. Genau wie Währungen findet man den Ursprung der Begriffe, um die es in diesem Buch geht, in den Machtzentren.

Die Vergangenheit und ihre Denker vererben uns die Sprache, mit der wir Meinungen ausdrücken und anfechten. Im frühen 19. Jahrhundert erblickten die Schlüsselbegriffe der politischen Moderne die Welt: Neben Nation und Nationalismus auch Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus und Demokratie. Harold James fügt hinzu: „Wir denken auch heute noch in Ismen und aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte sind die Begriffe auf ebenso seltsame wie komplexe Weise miteinander verflochten und voneinander abhängig.“

Die Sprache muss für Verständnis sorgen statt Verwirrung zu stiften

Die Begriffe, die Harold James in seinem Buch „Der Krieg der Worte“ untersucht, waren einst klar definiert. Doch je modischer und beliebter sie wurden, desto größer wurde auch der Drang, ihre Verwendung auszuweiten und ihnen quasimetaphorische Bedeutungen zuzuschreiben. In diesem neuen Begriffsuniversum kann das Original kaum noch von der Metapher unterschieden werden, zudem überdehnt man Wortbedeutungen und bläht sie auf. Moral und Moralismus haben Einzug in das Vokabular gehalten und machen aus Wörtern simple Labels, meist zur Verurteilung anderer.

Die Gegenwart erfordert ein Vokabular, das aussagekräftig und dem historischen Kontext verpflichtet ist. Sie verlangt ein Wörterbuch, das für Verständnis sorgt statt Verwirrung zu stiften, das der Gemeinschaft dient und Spaltung verhindert. Harold James betont: „Und sie erfordert ein größeres Bewusstsein dafür, dass Wörter eine gewichtige Rolle spielen: Sprache kann Menschen dazu ermächtigen, Entscheidungen in Bezug auf ihre Daten zu treffen, die ihr Wohlergehen, ihre persönlichen Interessen, ihre Privatsphäre und ihren inneren Frieden schützen.“

Der Krieg der Worte
16 Schlüsselbegriffe im Kampf um die Weltordnung
Harold James
Verlag: Herder
Gebundene Ausgabe: 480 Seiten, Auflage: 2024
ISBN: 978-3-451-39669-4, 35,00 Euro

Von Hans Klumbies