Hans-Werner Sinn wettet auf den Euro-Austritt Griechenlands

Der Ökonom und Chef des Ifo-Instituts Hans-Werner Sinn sagt, dass es besser für die Griechen und für Deutschland wäre, wenn Griechenland aus der Euro-Zone austreten würde. Allerdings liegt diese Entscheidung allein bei den Griechen selbst. Hans-Werner Sinn traut sich sogar zu wetten, das Griechenland am Ende freiwillig geht, denn die ökonomischen Probleme, die entstehen, wenn Griechenland in der Währungsunion bleibt, sind seiner Meinung nach schlicht nicht lösbar. Hans-Werner Sinn erklärt: „Die Politik denkt immer, es gebe ein Primat der Politik über die ökonomischen Gesetze. Das ist eine Einbildung. Auf Dauer siegen immer die ökonomischen Gesetze.“ Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts sieht in dem Schlamassel von heute das Ergebnis einer Politik, die glaubte, die ökonomischen Gesetze missachten zu können.

Angela Merkels Griechenlandpolitik nennt Hans-Werner Sinn Konkursverschleppung

In der Griechenlandpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel kann Hans-Werner Sinn keine Rettung erkennen, sondern nur Konkursverschleppung. Der Chef des Ifo-Instituts rät der deutschen Regierungschefin: „Wenn Griechenland dabei bleiben soll, dann muss es dauerhaft an den Tropf. Dann sollte aber Frau Merkel wenigstens die Steuern erhöhen, statt Schulden zu machen.“ Den in einem solchen Fall kann die Politik die Kosten nicht auf diejenigen Gruppen abschieben, die noch gar nicht wählen dürfen.

 Hans-Werner Sinn betrachtet sich selbst keineswegs als Europa-Skeptiker. Er hält den Weg zu mehr europäischer Integration für notwenig, glaubt aber, dass der eingeschlagene Pfad nicht zum Ziel führt. Hans-Werner Sinn erläutert: „Eine Lösung, die darin besteht, dass die gesunden Länder immer mehr Lasten übernehmen, bis auch sie krank sind, ist keine Lösung.“ Hans-Werner Sinn befürwortet den Euro und will ihn genau deswegen funktionstüchtig machen. Was nicht funktioniert, muss seiner Meinung nach repariert werden.

Die Forderungen der Bundesbank an das EZB-System betragen 700 Milliarden Euro

Als einen der größten Mängel im europäischen Finanzsystem betrachtet Hans-Werner Sinn den sogenannten Target-Mechanismus zwischen den Zentralbanken. Als der Süden Europas von ausländischen Geldgebern keine Kredite mehr bekam, hat er angefangen, sich sein Geld selbst zu drucken, um seine Wünsche zu befriedigen. Die Zentralbanken des Südens produzieren allerdings viel, viel mehr Geld, als dort für die Liquiditätsversorgung benötigt wird, und verleihen es anschließend an die Banken. Hans-Werner Sinn ergänzt: „Mit dem Geld werden im Ausland Kredite getilgt sowie Güter und Vermögensobjekte gekauft.“

Im Gegenzug verleiht die Bundesbank laut Hans-Werner Sinn weniger Geld oder zieht sogar Geld ein, indem sie Schulden beim privaten Bankensektor macht. Der Chef des Ifo-Instituts klagt an: „So wird der frühere private Kreditfluss in die Krisenländer durch einen öffentlichen Kredit der Bundesbank ersetzt.“ Mit den Ersparnissen der Deutschen kaufen deutsche Banken nicht mehr marktfähige Vermögensobjekte im Ausland, sondern tragen sie stattdessen zur Bundesbank. Die Bundesbank ihrerseits erhält für den Verleih der Notenpresse Ausgleichsforderungen gegenüber dem EZB-System. Hans-Werner Sinn fügt hinzu: „Die Forderungen der Bundesbank an das EZB-System haben mittlerweile die unglaubliche Summe von etwa 700 Milliarden Euro erreicht.“

Von Hans Klumbies