Der Markt braucht keinen Staat

George Stigler schreibt: „Konkurrenz ist ein hartnäckiges Unkraut, kein zartes Pflänzchen.“ Deshalb brauche der Markt auch keinen Staat als Gärtner. Hans-Jürgen Jakobs stellt fest: „Das war provokant, lag aber im Trend der Zeit. Ökonomen wie Stigler fanden immer stärker Gehör, da sich Märkte auch ohne Fusionen, die Gerichte verboten hatten, weiter konsolidierten.“ Die schwächeren Marktteilnehmer gaben nach ein paar Jahren einfach auf, etwa im Biergeschäft. Kartellrechtlich waren sie zum Weiterleben gezwungen worden, was sie ökonomisch aber nicht durchhielten. Die vier größten US-Brauereinen produzierten 1980 schon 67 Prozent des Bieres, 20 Jahre zuvor waren es erst 27 Prozent gewesen. Und da waren Zusammenschlüsse von Brauereinen noch untersagt worden. Selbst ein bekannter Verbraucheranwalt wie Ralph Nader nahm Größe jetzt als gegeben hin – und setzte lieber auf politische Regulierung. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

Die Märkte sind grundsätzlich effizient

Und die Expansion großer japanischer Konzerne in die USA in den 1970er- und 1980er-Jahren beförderte erst recht die neu aufflammende Fusionslust zwischen New York und Los Angeles. Wollte man doch den Investoren aus Fernost etwas entgegensetzen. Schon damals eine Art „America first“ mit möglichst starken, oligopolistischen Marktteilnehmern. In der Chicago School glaubte man an die „Bestreitbarkeit der Märkte“. Was nicht weniger bedeutet, als dass Monopolisten schon durch die Möglichkeit eines potenziell neuen Konkurrenten diszipliniert und keine überhöhten Monopolpreise anbieten würden.

Wettbewerbspolitik erübrigt sich damit de facto. Hans-Jürgen Jakobs weiß: „Die Märkte seien grundsätzlich effizient, verkündeten die „Chicago“-Jünger, stets und verlässlich angetrieben durch gewinnmaximierende Akteure.“ Anders als frühere Wettbewerbstheoretiker glaubten die neuen Einflüsterer der US-Regierung nicht, dass bestimmte Strukturen das Verhalten von Marktteilnehmern bestimmen würden. Vielmehr sei es genau anders herum. Danach würde das Marktgeschehen das Zusammenspiel der Marktgrößen und des technischen Produktionsniveaus reflektieren.

Größe ist segensreich

Es genüge, auf die Preise zu achten, die sich bei dieser Dynamik bildeten. Das einzige Ziel einer Anti-Kartell-Politik solle sein, den Wohlstand der Konsumenten zu erhöhen, verkündete der Chicago-School-Ökonom Robert Bork im Brustton der Überzeugung. Hans-Jürgen Jakobs erklärt: „Er gewann mit seinem Buch „The Antitrust Paradox“ maßgeblichen Einfluss. Hier war alles niedergeschrieben, woran die Friedman-Gemeinde in Sachen Wettbewerb glaubte.“ Und so wurden Übernahmen und Anschwellen von Konzernmacht auf einmal neue Zwischenziele.

Größe war jetzt nicht mehr verdächtig, sondern segensreich. In der Fleischindustrie beispielsweise kam es zu großen Deals und immer größeren Einheiten. Dadurch wurden die Gewerkschaften geschwächt, sodass wiederum die Arbeitnehmer Lohneinbußen hinnehmen mussten. „Wir müssen anerkennen, dass im Geschäftsleben „groß“ nicht zwangsläufig „schlecht“ ist und Erfolge nicht automatisch Argwohn erzeugen sollten“, erklärte 1981 der langjährige Wirtschaftsanwalt William French Smith. Quelle: „Das Monopol im 21. Jahrhundert“ von Hans-Jürgen Jakobs

Von Hans Klumbies

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