Bei der Globalisierung handelt es sich um weltweite Verflechtungen, den Austausch zwischen Individuen, Institutionen und Staaten. Es gibt Ereignisse in einem Teil der Welt, welche die Gesellschaften in anderen Teilen der Welt berühren. Laut Hadija Haruna-Oelker gehört zur Globalisierung auch folgendes: „Wachsende Verbindungen in allen Bereichen des Lebens. Politik, Wirtschaft, Kultur, Umwelt, Kommunikation. Natürliche Grenzen von Zeit und Raum, die eine immer kleinere Rolle spielen. Vermischung von Stilen, Formen und Traditionen. Digitale Knotenpunkte, Wettbewerb, Billiglöhne, Klimawandel, Migration und Artensterben.“ Wie aufnahmefähig eine Gesellschaft ist, zeigt ihr verinnerlichtes Wissen über die Migrationsgeschichte ihrer Mitmenschen. Was für viele oft im Unsichtbaren und Unverstandenen bleibt, sind die transnationalen Netzwerke, die eingewanderte Menschen inzwischen über die Jahrzehnte aufgebaut haben. Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin, Redakteurin und Moderatorin in Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunk.
Die kognitive Dissonanz betrifft weite politische Felder
Eine Frage ist, wie man ein Dazukommen, Dazugekommensein, ein Dazu- oder Nichtdazugehören in Zukunft bewertet. Für Hadija Haruna-Oelker gibt es so vieles, was voneinander gesehen und gelernt werden kann: „Es beschreibt eine grundsätzliche Haltung, die vielen noch fehlt. Diese Haltung ist in erster Linie eine offene.“ Damit meint Hadija Haruna-Oelker nicht die Neugier oder ein Bestaunen von „Anderen“. Und sie versteht darunter auch kein interkulturelles Verständnis von hier meine und da deine Kultur.
Hadija Haruna-Oelker treibt ein Gefühl an, das die Gesellschaft als zusammengewachsen versteht. Es gibt darüber viel zu lernen, und die Migrations- und Rassismusforschung bietet hilfreiche Denkangebote, die ihrer Meinung nach zu wenig Platz im gesellschaftlichen Diskurs haben. Das Problem der kognitiven Dissonanz betrifft weite politische Felder. Und je mehr Einigkeit in einer politischen Klasse darüber herrscht, bestimmte Dinge auszublenden, desto stärker wird auch ihre kollektive Wahrnehmungsfähigkeit beschränkt.
Die Schönheit der Differenz lässt sich überall finden
Globale Verbundenheit löst nationale Grenzen in Hadija Haruna-Oelkers Vorstellung transnationaler Lebensweisen auf. Sie fühlt sich grenzenlos, obgleich sie weiß, dass sie einen deutschen Pass hat und die doppelte Staatsbürgerschaft. Welch ein Privileg. Sie empfindet die unterschiedlichen Menschen in ihrer Summe und Vielfalt als großartig, ohne verklärt zu sein. Hadija Haruna-Oelker betont: „Es gibt immer und überall Möglichkeiten, sich auf die Erzählung von der Schönheit unserer Differenz einzulassen, wenn wir es wirklich wollen.“
Ein Individuum sollte seine eigene Wirklichkeit erschaffen, nicht abbilden. Sozial, radikal, operativ. Der Mensch denkt, erzählt, schreibt über sich und andere. Geschichten, Gebilde sich erinnernder Menschen. Zum Menschsein zählt Hadija Haruna-Oelker auch folgendes: „Identitäten zur Selbstorganisation und Möglichkeiten für Selbstreflexion. Zu wissen, wer man ist. Sich in Kollektiven verbunden fühlen und aneinander reiben. Keine Wahrnehmung ohne Kategorisierung, also die Fähigkeit, Gegenstände, Lebewesen oder Vorgänge intuitiv zu sortieren und einzuordnen.“ Quelle: „Die Schönheit der Differenz“ von Hadija Haruna-Oelker
Von Hans Klumbies