Deregulierte Finanzmärkte verteilen Geld von unten nach oben

Eine Schuldenkrise ist nicht nur eine Vermögenskrise, sondern immer zugleich auch eine Verteilungskrise. Denn wenn Schulden und Geldvermögen auf der einen Seite wachsen, nimmt auch auf der anderen Seite die Ungleichheit zu. Zieht man bei Privathaushalten von deren Geld- und Sachvermögen die Schulden ab, erhält man das Reinvermögen. Gerhard Schick nennt Zahlen: „Die obersten 10 Prozent der Deutschen besitzen davon heute 66,6 Prozent. Das vermögendste Prozent allein nennt 33,5 Prozent sein Eigen. Dagegen kommt die ärmere Hälfte der Bevölkerung auf gerade einmal 1,4 Prozent. In den USA ist das Bild ganz ähnlich. Und auch auf globaler Ebene verfestigt sich diese eklatante Schieflage. Laut Schätzungen der Credit Suisse besitzt die Hälfte der Weltbevölkerung gerade einmal 1 Prozent des Weltvermögens, während die reichsten 10 Prozent 86 Prozent auf sich vereinigen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

Der Finanzkapitalismus braucht harte Regeln

Die Einkommen waren laut Gerhard Schick 2007 so ungleich verteilt wie zuletzt im Jahr 1929, vor der damaligen Weltwirtschaftskrise, während in den Jahren starker Regulierung der Finanzmärkte die Konzentration der Einkommen vergleichsweise gering ausfiel. Stagnierende Realeinkommen breiter Teile der Bevölkerung und eine Sozialpolitik, die ihren Namen nicht verdient, trieben in den letzten Jahren viele Amerikaner in die Überschuldung. Der starke Anstieg der Schulden im Verhältnis zu den Haushaltseinkommen ist ein wichtiges Indiz dafür, dass etwas aus dem Ruder läuft.

Deregulierte Finanzmärkte sind für Gerhard Schick eine Umverteilungsmaschine von unten nach oben: „Eigentlich sind die Antworten auf die Marktmacht großer Unternehmen oder ungeregelter Finanzmärkte schon vorhanden. Wenn die Märkte nicht mehr funktionieren und nicht mehr im Dienst der Kunden sind, müssen die Regeln auf den Märkten geändert werden. „Mehr Staat“ in Form harter Regeln gegen Marktmacht und Finanzkapitalismus wäre das Gebot der Stunde.“ Es bedarf einer aktiven staatlichen Wettbewerbspolitik, die eine Machtzusammenballung an den Märkten verhindert.

Eine Staatswirtschaft wirkt nicht attraktiv

Dass die Finanzaufsicht in der Finanzkrise kläglich versagt hat, ist inzwischen allgemein bekannt. In Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, für die etwa 1.800 Menschen arbeiten, die das wilde Treiben an den Finanzmärkten beobachten und, wenn nötig, eingreifen. Im Fall der BaFin ist das Bundesfinanzministerium zuständig, dafür zu sorgen, dass diese effizient arbeitet und ihren Aufgaben nachkommt. Doch genau das geschah nicht. Schlimmer noch: Selbst als die Finanzkrise seit dem Wackeln der ersten Hedgefonds im Juni 2007 schon in vollem Gang war, wurden im Finanzministerium keine Vorbereitungen getroffen.

Ja, der Markt versagt. Aber der Staat versagt auch. Denn wo Märkte versagen, handelt es sich auch immer um ein Versagen der staatlichen Ordnungsmacht. Gerhard Schick stellt fest: „Deshalb schwingt das Pendel in der öffentlichen Meinung nach den Exzessen der Märkte nicht einfach zurück zum Staat. Eine Staatswirtschaft wirkt trotz der Fehlentwicklungen in der Privatwirtschaft nicht attraktiv, Regulierung erzeugt keine Hoffnung trotz der Milliardenschäden durch die deregulierten Finanzmärkte.“ Quelle: „Machtwirtschaft nein danke!“ von Gerhard Schick