Das ganze Leben ist von Philosophie durchdrungen

Über die Kunst in all ihren Facetten nähert sich Ger Groot in seinem Buch „Und überall Philosophie“ den großen Denkern der Philosophiegeschichte. Ger Groot schreibt: „Man kann Kant und Schiller, Nietzsche und Sartre in der Kunst sehen und hören. Philosophie ist überall, in allen Aspekten der Gesellschaft, nicht nur in den Künsten, sondern auch in der Werbung und in Grafitis.“ Der Autor möchte sichtbar und hörbar machen, wie die selbstbewussten und zugleich unsicheren Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum dem entwickelt haben, die sie heute sind. Die philosophische Geschichte, die dieses Buch erzählt, ist in eine Vielzahl von Bildern und Klängen eingebettet, wenn man sie nur scharf genug in Augenschein nimmt. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

René Descartes begründet die moderne Philosophie

Für Ger Groot ist die Geschichte der Philosophie vor allem auch eine sinnliche. Denn Philosophie handelt stets von der Welt und der Wirklichkeit. Sie hat immer eine Botschaft – an ihre eigene Zeit und über die Zeiten hinweg auch an Menschen aus ganz anderen Epochen. Wie technisch und abstrakt die Philosophie gelegentlich auch sein mag, geht es ihr doch immer um etwas Konkretes. Etwas, das die intimsten Lebenserfahrungen betrifft oder gerade die weitestgehende Organisation der Gesellschaft und des Staates, in der Menschen leben müssen.

Was ist der Mensch? Das ist die Kernfrage der philosophischen Anthropologie. Dabei handelt es sich um die philosophische Disziplin, in der der Mensch Klarheit über sein eigenes Wesen zu erlangen versucht. Das Denken von René Descartes stellt einen radikalen Wendepunkt dar, mit dem die moderne Philosophie einsetzt. Näherte man sich bis dahin der Welt vom Ausgangspunkt des Göttlichen, so wird nun mit dem Anbruch der Moderne der Mensch zum Ursprung der Geschichte.

Die Stellung des Menschen ist schwankend und unbestimmt seine Welt

Heute lebt die Menschheit nach Ansicht mancher Philosophen, Ökologen und Klimaforscher im Zeitalter des Anthropozäns. Zum ersten Mal in der Geschichte der Erde ist deren Antlitz unverkennbar vom Menschen gezeichnet. Weltweit verändert sich unter dem Einfluss menschlicher Aktivität das Klima, die Temperatur steigt. Die Pole und Gletscher beginnen zu schmelzen, während Orkane, dürren oder regelrecht verheerende Wolkenbrüche die menschliche Existenz bedrohen. Der französische Philosoph Bernard Stiegler sagt: „Das Anthropozän ist zu einer lebensfeindlichen Situation, zu einer Sackgasse geworden.“

Ger Groot zieht folgendes Fazit: „So schwankend ist die Stellung des Menschen und so unbestimmt ist daher auch seine Welt. Selbstbewusst und immer besser über unsere physische Wirklichkeit informiert, bleiben wir doch unsicher und unwissend in Bezug auf unser eigenes Wesen.“ In die Zukunft der Menschheit ist die Desillusionierung von vornherein eingeschrieben, jedenfalls wenn sie sich selbst nichts vormacht. Sigmund Freud beendete sein Buch über das Unbehagen des Menschen mit folgenden Worten: „Wer kann den Erfolg und Ausgang voraussehen?“

Das Denken in der Moderne in Kunst und Popkultur
Ger Groot
Verlag: dtv
Gebundene Ausgabe: 334 Seiten, Auflage: 2019
ISBN: 978-3-423-28171-3, 30,00 Euro

Von Hans Klumbies

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