Bei Jean-Paul Sartre hat das Wort „Transzendenz“ keinerlei Beziehung zum Göttlichen oder Himmlischen mehr. Ger Groot erklärt: „Er will damit nur sagen, dass das „Ich“ mit einer Überschreitung der eigenen Denksphäre zur Welt hin zusammenfällt. Es besteht nur in dieser Dynamik. Es ist nicht eine Identität, die irgendwo als ein Kern im Denken einer Person vorhanden wäre.“ Dächte man das „Ich“ auf diese Weise, dann machte man es zu einem Ding, das sich im Grunde nicht von den Dingen in der Welt unterscheidet. Alle Spannung und Dynamik, aus der das „Ich“ nach Jean-Paul Sartres Ansicht nun gerade besteht, wäre daraus verschwunden. Es wäre sich daher selbst fremd geworden. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.
Ein Ding hat keine Entscheidungsfreiheit
Das ist noch immer Jean-Paul Sartres Grundgedanke, als er 1943 sein philosophisches Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“ veröffentlicht. Er entwickelt darin vielleicht das letzte klassische System, das in der Philosophie noch ernst genommen wurde. Ausgehend von dem abstraktesten und allgemeinsten Anfang, der in der Philosophie denkbar ist, fragt sich Jean-Paul Sartre: „Was muss ich mir eigentlich unter „Sein“ vorstellen?“ Er untersucht dies zunächst anhand der Seinsweise eines Dings.
Ein Ding, so stellt er fest, ist schlicht und einfach, was es ist. Es fällt vollkommen mit sich selbst zusammen. Natürlich, ein Ding kann man verändern. Ger Groot erläutert: „Aber dabei handelt es sich nicht um eine Veränderung, die das Ding aus dem Gefängnis seines Wesens befreien würde. Das Ding kann sich nicht entscheiden, etwas anderes zu werden. Dazu hat es weder die Freiheit noch den Spielraum.“ Denn ein solcher Spielraum setzt schließlich eine gewisse Distanz zu sich selbst voraus.
Das Bewusstsein geht dem Willen voraus
Nämlich den Willen, etwas anderes zu werden als das, was man ist. Und dem vorausgehend setzt es noch das Bewusstsein voraus, dass es etwas anderes sein könnte. Ein solches Bewusstsein hat der Gegenstand nicht. Das Ding ist in seiner Kompaktheit gefangen. Es ist, schreibt Jean-Paul Sartre mit einem hegelianischen Begriff, „an-sich“. En passant hat Jean-Paul Sartre damit jedoch noch eine andere Seinsweise eingeführt: Die Seinsweise des Bewusstseins.
Ger Groot betont: „Das Bewusstsein kann sich durchaus vorstellen, anders zu sein, als es ist. Ja mehr noch, diese Fähigkeit ist für das Bewusstsein grundlegend, weil es nur als ein Verhältnis zu etwas anderem besteht.“ Wie es Edmund Husserl ausdrückte: „Es ist immer Bewusstsein von etwas. Ich sehe: Der Tisch steh dort – es gibt zwischen mir und dem Ding einen Abstand. Nicht nur physisch, sondern auch mental. Denn ich weiß: Ich bin nicht der Tisch. Es klafft zwischen uns eine Lücke, die durch das Wörtchen „nicht“ angezeigt wird.“ Quelle: „Und überall Philosophie“ von Ger Groot
Von Hans Klumbies