Der Zukunftslobbyist Wolfgang Gründiger glaubt, dass die Jungen zu den Verlierern der Gesellschaft werden. Denn bei vielen wichtigen Themen wird nicht auf sie gehört. Er streitet für die Digitalisierung und polemisiert gegen „Alte-Säcke-Politik“. Der Publizist und Demokratieforscher ist eine Art Sprachrohr der vielbeschriebenen Generation Y. Wolfgang Gründiger erklärt den Begriff Zukunftslobbyist wie folgt: „Das Problem an der Zukunft ist ja, dass sie keine Lobby hat. Die zukünftigen Generationen sind noch nicht geboren und können daher ihre Interessen noch nicht in die Waagschale werfen. Deshalb braucht es Lobbyisten, die eine anwaltliche Funktion übernehmen für Menschen, die sich noch nicht selbst vertreten können.“ Dabei ist es keineswegs so, dass alte Menschen per se egoistisch wären. Aber selbst bei Themen, die die Generation Y unmittelbar betreffen – Umweltschutz, Rente, Arbeitsmarkt, Digitalisierung –, wird auf junge Menschen wenig gehört.
Wolfgang Gründiger fordert eine generationengerechte Politik
Die politischen Parteien bedienen laut Wolfgang Gründiger lieber die ältere Klientel. Als Beispiel nennt er das Rentenpaket, das jährlich zehn Milliarden Euro kostet. Die Erhöhung des Kindergelds hingegen kostet gerate einmal 400 Millionen Euro. Da Politiker wiedergewählt werden wollen, ist es logisch, dass sie in einer Gesellschaft, in der die Älteren immer mehr werden, auch mehr auf deren Interessen hört. Das Problem dabei ist nur, dass die Interessen von Minderheiten dabei unter die Räder kommen.
Auf die Frage, wie sich generationengerechte Politik überhaupt definiert, antwortet Wolfgang Gründiger: „Es darf den Jungen von heute zumindest nicht schlechter gehen als der Generation davor. Schauen Sie nur mal auf die Löhne. Noch vor 30 Jahren haben die älteren Arbeitnehmer zehn Prozent mehr verdient als die jüngeren. Dieser „generation pay gap“ ist heute auf 25 Prozent gestiegen.“ Dass die Lohnlücke so steigt, ist für den Zukunftslobbyisten durch nichts zu rechtfertigen. Teilweise scheint sich die Generation Y allerdings auch unter Wert zu verkaufen.
Über die Generation Y wird viel gelästert
Es gibt einen hohen Konkurrenzdruck innerhalb der Generation Y. Junge Menschen sind froh, wenn sie überhaupt einen Job bekommen – am besten einen unbefristeten. Deswegen haben sie auch eine schwächere Machtposition. Schon Karl Marx sprach davon, dass man erst einmal ein Klassenbewusstsein haben muss, um eine Revolution starten zu können. Um zusammenzuarbeiten muss man erst einmal ein Generationenbewusstsein haben. Aber die Jungen sind sehr vereinzelt und sie haben zudem wenig Zeit und Ressourcen.
Über die Generation Y wird viel gelästert. Sie gelten als verwöhnt und nur auf ihre Freizeit fixiert. Das hält Wolfgang Gründiger für einen ausgemachten Schwachsinn. Die Attribute, die der Generation Y zugeschrieben werden, treffen höchstens auf ein kleine akademische Minderheit zu. Für die meisten jungen Menschen fängt die Selbstverwirklichung erst nach Feierabend statt. Der Zukunftslobbyist fordert außerdem ein Wahlrecht für Kinder und Jugendliche, das sie ausüben können, sobald sie das wollen. Zudem plädiert er für Jugendquoten in Parteien und Parlamenten. Quelle: Welt Kompakt
Von Hans Klumbies