Antonio Damasio weiß: „Gefühle entstehen im Inneren des Organismus, in den Tiefen der Eingeweide und Flüssigkeiten, in denen die chemischen Vorgänge, die für das Leben in all seinen Aspekten verantwortlich sind, die uneingeschränkte Herrschaft ausüben.“ Damit meint Antonio Damasio die Tätigkeit des Hormon-, Immun- und Kreislaufsystems, die für Stoffwechsel und Abwehr zuständig sind. Wie steht es mit der „Funktion“ der Gefühle? Die Kultur- und sogar die Wissenschaftsgeschichte haben dazu geführt, dass die Rolle der Gefühle nicht nur rätselhaft, sondern sogar unergründlich erschien. In Wirklichkeit liegt die Antwort aber auf der Hand: Gefühle helfen bei der Bewältigung des Lebens. Genauer gesagt dienen sie als Alarmwächter. Antonio Damasio ist Dornsife Professor für Neurologie, Psychologie und Philosophie und Direktor des Brain and Creativity Institute an der University of Southern California.
Ein ausgeglichener Lebensprozess äußert sich in Wohlbefinden
Die Gefühle informieren jeden Geist – sofern der Organismus das Glück hat, mit einem solchen ausgestattet zu sein – über den Lebenszustand innerhalb des Organismus, zu dem dieser Geist gehört. Antonio Damasio fügt hinzu: „Außerdem geben Gefühle diesem Geist einen Anreiz, entsprechend den von ihnen übermittelten positiven oder negativen Signal zu handeln.“ Gefühle sammeln Informationen über den Zustand des Lebens im Organismus, und die „Qualitäten und Intensitäten“, die durch Gefühle ihren Ausdruck finden, stellen Werturteile über den Prozess der Lebensbewältigung dar.
Die Gefühle drücken unmittelbar aus, in welchem Maße das Unternehmen namens Leben innerhalb des Körpers Erfolg oder Misserfolg hat. Antonio Damasio erklärt: „Am Leben zu bleiben ist ein ständiger Kampf, und unser Körper unternimmt komplizierte, vielschichtige Anstrengungen, um das Leben nicht nur möglich, sondern auch widerstandsfähig zu machen.“ Die Widerstandskraft des Lebens wird als „Fülle“ und „Gedeihen“ empfunden, ein ausgeglichener Lebensprozess wird in „Wohlbefinden“ übersetzt.
Im Organismus sollte Stimmigkeit und Zusammenhalt herrschen
Dagegen besagen „Unwohlsein“, „Elend“ und „Schmerzen“, dass die Anstrengungen, das Leben zu bewältigen fehlgeschlagen sind. Antonio Damasio stellt fest: „Als Lebewesen stehen wir vor der dramatischen Situation, dass Stimmigkeit und Zusammenhalt in unserem lebendigen Organismus aufrechterhalten werden müssen. Die Stimmigkeit und der Zusammenhalt der unbelebten Objekte, die mich in diesem Augenblick umgeben, sind weder für diese Objekte noch für mich eine Problem.“
Die Gegenstände sind im Großen und Ganzen von Dauer. Antonio Damasio betont: „Mit meinem Leben und dem Organismus, den es beseelt, verhält es sich anders. Ich muss ihnen das Frühstück und das Mittagessen geben, ich muss den Körper in einer angenehm temperierten Umgebung platzieren, ich muss Krankheiten vorbeugen oder meiden oder sie behandeln, wenn ich sie mir zugezogen habe.“ Man muss sogar gesunde soziale Beziehungen zu den Menschen um einen herum aufrechterhalten und pflegen. Quelle: „Wie wir denken, wie wir fühlen“ von Antonio Damasio
Von Hans Klumbies