Gaius Julius Caesar erfindet die Germanen

Im März des Jahres 60 v. Chr. war die Bedrohung durch barbarische Asylsuchende das wichtigste Gesprächsthema in Rom, wie der Philosoph, Anwalt und Politiker Cicero schrieb. James Hawes erläutert: „Nachdem es weiter nördlich zu Kriegen und Unruhen gekommen war, überfluteten sie die bereits unterworfenen, romanisierten Gebiete Galliens – also im Wesentlichen das heutige Südfrankreich und Oberitalien.“ Es schien, als wäre im weiter nördlich gelegenen Gallien eine neue, Ärger verheißende Macht aufgetaucht. Gaius Julius Caesar, der als neuner Prokonsul der gallischen Provinzen mit einem Eroberungskrieg seinen Ruf steigern und seine Schulden tilgen wollte, gab ihr im Jahr 58 v. Chr. einen Namen: Germani. Bereits mit der ersten Erwähnung auf Seite eins seines Bestsellers „Der Gallische Krieg“ verbindet Caesar mit diesen Germani die Vorstellung, dass sie das Gebiet jenseits des Rheins bewohnen. Der englische Germanist James Hawes ist Universitätsdozent für kreatives Schreiben in Oxford und Schriftsteller.

Ariovist herrscht über das gesamte nichtrömische Gallien

Während sich Rom und Gallien geografisch und kulturell überschneiden, lebt jenseits des Rheins ein gänzlich verschiedenes Volk – diese Botschaft wird im „Gallischen Krieg“ über viele Seiten unermüdlich wiedergekäut. Gaius Julius Caesar muss schon bald feststellen, dass er vor einer schwierigen Lage steht: Einige gallische Stämme haben fünfzehntausend kampferprobte Germanen bestochen, den Rhein zu überqueren und ihnen gegen die mächtigen Häduer beizustehen. Doch nach erfolgreicher Mission sendet der Germanenführer Ariovist weitere Männer über den Fluss und ist nun de facto Herrscher über das gesamte nichtrömische Gallien.

James Hawes fügt hinzu: „Einhundertzwanzigtausend Germanen befinden sich bereits in Gallien; bald schon werden noch mehr kommen. Sie werden die Einheimischen vertreiben und zwingen, sich eine neue Heimat zu suchen.“ Als echter Patriot erkennt Gaius Julius Caesar die Gefahr sofort: Bald schon werden barbarische Migranten die gallischen Provinzen Roms – vielleicht sogar Rom selbst – überfluten. Er spornt seine verzagten Legionäre mit einer glänzenden Rede an und dringt in Feindesland vor, wobei er die gefürchteten engen Pfade und dichten Wälder geflissentlich meidet.

Gaius Julius Caesar fügt den Germanen eine schwere Niederlage zu

Die Stämme, die Gaius Julius Caesar unter dem Wort Germani zusammenfasst, zwingt er im Jahr 58 v. Chr. in der Schlacht im Elsass zum Kampf gegen seine Truppen. Die Germanen werden geschlagen. Ihre ohnehin schwere Niederlage geht, wie es in vormodernen Kriegen häufig vorkommt, in ein umfassendes Gemetzel über. Als die Überlebenden über den Fluss fliehen, will Caesar sie verfolgen. Die Ubier, Germanen zwar, aber Verbündete Roms, bieten ihnen an, seine Truppen in Booten über den Rhein zu setzen.

Doch Gaius Julius Caesar ist der Ansicht, dass es römischer und zugleich sicherer sei, eine Brücke über den Fluss zu bauen. Seine Legionen erledigen diese Aufgabe in zehn Tagen – eine erstaunliche Leistung. Doch wie bewundernswert Roms Militärtechnik auch sein mag, am Ende entscheidet immer der Kampf im Gelände über Sieg und Niederlage. Und die Germanen kennen das Gelände. Sie fliehen in die Wälder, wo sie, wie Caesar herausfindet, ihre Kräfte bündeln und den römischen Angriff abwarten wollen. Daraufhin beschließt Caesar für „Ruhm und Vorteil“ sei genug getan. Er kehrt nach Gallien zurück und zerstört die Brücke hinter sich. Quelle: „Die kürzeste Geschichte Deutschlands“ von James Hawes

Von Hans Klumbies