Franz X. Eder stellt die Hausgemeinschaft im antiken Griechenland vor

Um ethisch leben zu können, muss die mächtige Begierde des „eros“ aktiv kontrolliert werden. Franz X. Eder erläutert: „Im >Symposion< baute Platon auf die höheren und vor allem himmlischen genauso wie auf die philosophischen und künstlerischen Potentiale des >eros< und verwies dessen gemeine und krude Kräfte in die Schranken.“ Nach der im „Symposion“ vorgestellten Liebenslehre bewegte man sich im Lebenslauf im besten Fall wie auf einer Leiter nach oben. Eros konnte am besten im oikos, im Haus bzw. in der Hausgemeinschaft gezähmt und fruchtbar gemacht werden, in dessen Mittelpunkt ein monogames Ehepaar agierte. Zum oikos gehörten neben der durch Abstammung und Verwandtschaft formierten Familie auch Sklaven und freie Arbeitskräfte, die durch eine als natürlich geltende hierarchische Ordnung miteinander verbunden waren: als Mann und Frau, Vater und Kinder, als Herr und Sklave. Franz X. Eder ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien.

Ein freier Bürger war das Haupt der Familie

Geführt wurde die Hausgemeinschaft durch einen freien Bürger, den kyrios, der als Haupt der Familie sämtliche Mitglieder des Hauses nach außen repräsentierte. Zum oikos der Städtebürger gehörten auch landwirtschaftlicher Grund und Boden, Pflanzungen, Vieh, Gebäude, Arbeitsgeräte und Haushaltsausstattung. Das griechische „Haus“ war damit nicht nur eine soziale, sondern auch ein ökonomische Einheit, für deren Fortdauer und Gedeihen das Sexualleben eine maßgebliche Rolle spielte.

Durch seine Regulierung und Überwachung konnte man sicherstellen, dass die Abstammung und Erbfolge der freien Bürger nicht gestört wurden und die Kinder tatsächlich die leiblichen Nachkommen des kyrios waren, was in einer Sklavenhaltergesellschaft von essentieller Bedeutung war. Zu einem gut funktionierenden oikos gehörte auch, dass freie Knaben und Mädchen sittlich erzogen und standesgemäß verheiratet wurden. Die Sklaven jedoch galten auch in geschlechtlichen Angelegenheiten als unfrei und nach Ansicht vieler Historiker gleichsam als Objekte, über deren Körper die Besitzer ökonomisch und sexuelle verfügen konnten.

Frauen hatten das Innere des Hauses zu organisieren

Andere Historiker wiederum meinen, dass Haussklaven zumindest grundlegende Persönlichkeitsrechte zuerkannt wurden. Vom Ansehen und der Ehre der Hausgemeinschaft hing auch das gesellschaftliche Ansehen des kyrios ab, denn er hatte deren Reputation nach außen zu beschützen. Als Symbol dafür prangte am Eingang vieler Athener Häuser eine Säule mit dem Haupt des Hermes und einem phallos als Symbol für Energie und Potenz des Dionysos.

Frauen wurden dem Inneren des oikos zugerechnet und hatten diesen zu hüten und zu organisieren. Ihnen blieb es verwehrt, selber kyrios bzw. kyria zu werden und der hausrechtlichen Abhängigkeit zu entkommen. Als Töchter und Ehefrauen besaßen sie keinerlei persönliches Repräsentationsrecht und blieben dem Vater oder Bruder bzw. mit der Heirat dem Ehemann unterstellt. Verwitwet fielen sie dem nächsten Agnaten zu, also einem Mann, der in väterlicher Abstammungs- und Gewaltenlinie folgte. Erst ein mit diesem gezeugter Sohn rückte zum nächsten Oberhaupt auf. Quelle: „Eros, Wollust, Sünde“ von Franz X. Eder

Von Hans Klumbies