Die Generation der Babyboomer hat politisch versagt

Es ist für Frank Schirrmacher, dem Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), nach dem Rücktritt von Christian Wulff als Bundespräsident an der Zeit, über die politische Generation der Babyboomer zu reden. Er meint damit großzügig gesprochen die Geburtsjahrgänge von 1955 bis 1970, eine Kohorte, die seiner Meinung nach seit der Jahrhundertwende faktisch die meinungsbildende Mehrheit in Deutschland bildet. Frank Schirrmacher schreibt: „In Gestalt von Christian Wulff, Jahrgang 1959, hat ein Angehöriger dieser Generation das Höchste erreicht und in nie gesehener Geschwindigkeit alles vermasselt. Das ist bemerkenswert.“ Und bemerkenswert ist laut Frank Schirrmacher auch die Tatsache, dass fast das gesamte politische Personal dieser Generation, vor allem in der CDU, schon abgetreten ist.

Die  Babyboomer opferten Ideen zugunsten der Märkte

Frank Schirrmacher meint dabei Politiker wie beispielsweise Roland Koch, Jahrgang 1958, Ole von Beust, Jahrgang 1957, Peter Müller, Jahrgang 1955 oder Friedrich Merz, der ebenfalls 1955 geboren wurde. Zu den Gescheiterten aus der Generation der Babyboomer zählt Frank Schirrmacher auch Guido Westerwelle, Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel, denen die Paradoxie anheftet, dass sie zwar ein Amt, aber noch keine Chance hatten. Als einzige Ausnahme dieser Generation lässt der Mitherausgeber der FAZ Katrin Göring-Eckardt, seit dem Jahr 2009 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, gelten.

Für Frank Schirrmacher ist es historisch unverkennbar, dass unter der Dominanz der Babyboomer die politischen Ideen zu Bruch gegangen sind. Er erklärt: „Aufgrund ihrer puren Masse haben die Babyboomer durch ihr bloßes Wollen, Wünschen und Empfinden die Märkte verändert. Ihre Skepsis gegenüber Ideologien war wohltuend, aber nur, solange man nicht bemerkte, dass dahinter die Abwesenheit von Ideen überhaupt stand.“ Die Generation der Babyboomer machte den Fehler zu glauben, wo Märkte existieren sind auch Ideen vorhanden.

Die einzige relevante politische Idee der Babyboomer war der Neoliberalismus

Es war laut Frank Schirrmacher die Kaufkraft und nicht die Überzeugungsgewalt der Babyboomer, die das Gesicht der deutschen Gesellschaft veränderte. Sie mussten für ihr Lebensgefühl nicht kämpfen. Es trieb ganz im Gegenteil die Märkte an, das anschließend ganz schnell auf die gesamte Gesellschaft übersprang. Frank Schirrmacher erläutert: „Diese Generation ist damit, die erste Generation, die im klassischen Sinn nichts durchsetzen musste. Der Markt regelte das für sie.“

In der Wirtschaft und in der Verwaltung gibt es gemäß Frank Schirrmacher ausgezeichnete Babyboomer, auch in der Justiz und Wissenschaft geniale Denker, doch das politische Projekt dieser Generation ist ein einziger Trümmerhaufen. Frank Schirrmacher erklärt: „Die einzige relevante politische Idee, die sie hervorgebracht hat, ist der Neoliberalismus; denn selbst die ökologische Bewegung, die sie mit ihrer Kaufkraft stützte, war das Werk der Vorgängergeneration.“

Von Hans Klumbies