Das Kaffeehaus ist ein Ort der öffentlichen Schönheit

Die Geschichte des Kaffees ist verbunden mit der Tradition der europäischen Kaffeehäuser. In diesen trafen sich die Intellektuellen der Aufklärung, in ihnen wurde debattiert und es lagen in ihnen republikanische Zeitungen aus. Frank Berzbach ergänzt: „Bis heute verorten wir den modernen Dichter im Café.“ Vor allem die Kaffeehäuser in Wien waren berühmt, die Cafés von Paris legendär und vor dem zweiten Weltkrieg auch diejenigen von Berlin. Sie alle böten genug Stoff, um eine ganze Literaturgeschichte zu schreiben. Jean-Paul Sartre, schreibend im Café, bietet für Frank Berzbach ein Urbild dieser öffentlichen Schönheit. Das Kaffeehaus ist ein Ort, der eine verlässlich gleiche Kuchenauswahl bietet. Stilvolle Kellner üben dort ihren Beruf aus. Sie blicken auf jeden leicht abfällig herab, lassen aber einen generell in Ruhe. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

Internationale Zeitungen rahmen die Einsamkeit im Café

Schon die Kellner suggerieren, dass das Café kein Ort zum Quatschen ist. Die besondere Existenzform im Kaffeehaus bietet eine Einsamkeit, die von internationalen Zeitungen gerahmt wird. Dazu kommt eine gute Auswahl zwischen „Melange“ und „Einspänner“, in denen Turnschuhe die falsche Wahl sind und alte Damen Bridge spielen. Auch das Café Bräunerhof, in dem der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard gesessen hat, ist kein Barocktempel.

In der Regel erfüllen die Kaffeehäuser das Bedürfnis nach anspruchsvollen Druckerzeugnissen zuverlässig. Man muss nur jeden Tag dort sitzen, um keine Ausgabe zu verpassen. Aber die tägliche Anwesenheit im Kaffeehaus dürfte für an Schönheit interessierte Menschen auch kein Problem darstellen. Frank Berzbach bedauert nicht in Wien zu leben. Denn sonst, würde einmal am Morgen ins Café gehen und einmal am Mittag, um eine angemessene Pause zu haben.

Das klassische Kaffeehaus schafft große Vertrautheit

Leben im Café ist eine Existenzform der Schönheit. Denn sie ist ungetrübt von den Risiken der abendlichen Gastronomie, die durch Alkohol verführt. Und doch bietet sie die Möglichkeit und Verheißung eines Mittagsweins zur Sachertorte. Das stabile, verlässliche Angebot, das klassische Kaffeehaus hat keine Tageskarte, schafft große Vertrautheit. Man weiß, welche Zeitungen ausliegen und manchmal sogar, zu welcher Uhrzeit man welche Ausgabe mit höherer Wahrscheinlichkeit ergattern kann.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die schönsten Cafés sind inhabergeführt und die Anwesenheit der Chefin oder des Chefs prägen alles. Die Qualität des Espresso ist entscheidend und auch, ob die Menschen, die dort arbeiten, kompetent sind und Freundlichkeit ausstrahlen. Immerhin möchte man in seiner Pause, manchmal angespannt und griesgrämig, mit Samthandschuhen angefasst werden. Es ist ein großer Genuss, wenn die Angestellten schön sind, weil das ungeheuer beruhigt. Quelle: „Die Form der Schönheit“ von Frank Berzbach

Von Hans Klumbies

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