Am klarsten stechen aus historischen Daten jene Extremereignisse heraus, die alle Rekorde brechen. Sie sind es, welche die Nadel in der Wirtschaft und am Aktienmarkt am stärksten ausschlagen lassen. Morgan Housel nennt Beispiele: Die Weltwirtschaftskrise, der Zweite Weltkrieg, die Dotcom-Blase, der 11. September, die Subprime-Krise nach 2008.“ Eine Handvoll Extremereignisse wirft alles über den Haufen, weil sich in ihrem Kielwasser so viele Gegebenheiten verändern, die vordergründig gar nichts mit ihnen zu tun haben. Extremereignisse werden deswegen meist unterschätzt, weil man so leicht verkennt, wie sich Effekte auftürmen und potenzieren. Der Großteil dessen, was zu einem gegebenen Augenblick in der Weltwirtschaft geschieht, lässt sich auf eine Handvoll Ereignisse zurückführen, die praktisch unvorhersagbar waren. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.
Die Zukunft könnte völlig anders aussehen als die Vergangenheit
Die Wirtschaftsgeschichte ist voll von überraschenden Wendungen. Morgan Housel ergänzt: „Doch wir lassen uns immer wieder überraschen, nicht weil unsere Modelle falsch lägen oder wir dumm wären.“ Das Problem besteht darin, dass man seine schlimmstmöglichen Erwartungen hinsichtlich zukünftiger Renditen oft von Ereignisse wie der Weltwirtschaftskrise oder dem Zweiten Weltkrieg leiten lässt. Doch diese beiden alle Rekorde brechenden Ereignisse hatte es davor buchstäblich nie gegeben.
Wer bei seinen Vorhersagen also davon ausgeht, die schlimmsten und besten Ereignisse der Vergangenheit würden den schlimmsten und besten Ereignissen der Zukunft entsprechen, denkt ahistorisch, weil er unbeabsichtigt annimmt, die Geschichte nie dagewesener Ereignisse würde sich in Zukunft nicht fortsetze. Morgan Housel stellt fest: „Die Fähigkeit, zu begreifen, dass die Zukunft völlig anders aussehen könnte als die Vergangenheit, ist eine ganz besondere Fähigkeit, die in der Community der Finanzauguren allgemein nicht besonders hoch geschätzt wird.“
Auf nie dagewesene Ereignisse kann man sich nicht vorbereiten
Morgan Housel betont: „Diese Lektion sollte man aus Überraschungen ziehen: dass die Welt überraschend ist. Nicht, dass wir die Überraschungen der Vergangenheit als Maßgabe für künftige Ober- und Untergrenzen nehmen sollten. Sondern, dass wir die Überraschungen der Vergangenheit als Mahnung begreifen sollten, dass wir keinen Schimmer haben, was als Nächstes passiert.“ Auf die wichtigsten ökonomischen Ereignisse der Zukunft – jene Vorfälle, welche die Nadel am weitesten ausschlagen lassen – kann uns die Geschichte kaum vorbereiten.
Es wird sich um nie dagewesene Ereignisse handeln. Morgan Housel fügt hinzu: „Folglich können wir uns nicht auf sie vorbereiten. Gerade deswegen entfalten sie auch so durchschlagende Wirkung. Dies gilt für Negativereignisse wie Kriege und Rezessionen ebenso wie für positive Ereignisse, etwa technische Durchbrüche.“ An diese Prophezeiung glaubt Morgan Housel ganz fest, denn der Umstand, dass Überraschungen die Nadel am weitesten ausschlagen lassen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Quelle: „Über die Psychologie des Geldes“ von Morgan Housel
Von Hans Klumbies