Evi Hartmann setzt sich mit dem Begriff der Eliten auseinander

Es ist der traditionelle Elitebegriff, der im Alltag verwendet wird, um jene Menschen zu erfassen, die „das Land regieren und die Wirtschaft lenken“, wie es Leiter von Elitehochschulen gerne bei Absolventen-Abschlussfeiern mit entsprechendem Pathos betonen. Evi Hartmann erläutert: „Dabei geht es um Macht und um Gestaltungskraft. Grob ausgedrückt: Wer sich in einer Spitzenposition befindet, gehört gemeinhin zur Elite.“ Andere nennen das auch „das Establishment“. Beide Begriffe dienen dazu, jene zu identifizieren und zu verorten, die gemeinhin als „führend“ in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft betrachtet werden. So lautet das bislang übliche Begriffsverständnis von „Elite“. Umgangssprachlich übersetzt: Die da oben. Die Experten, Prominenten, Politiker, Millionäre, Milliardäre und Nobelpreisträger. Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Supply Chain Management, an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

Es gibt zwei Arten von Eliten

Deutschland ist bestens versorgt mit Eliten. Es gibt so viele davon. Diese soziodemographische Definition hat sich in ihrer Aussagekraft auch bewährt. Sie hat zwar, wie alle Definitionen, blinde Flecken. Doch das ist normal und in Ordnung: Eine halbwegs zutreffende Begriffsbildung eines komplexen Zusammenhangs kann und möchte niemals alles Denkbare abschließend erklären. Es bleibt immer ein Rest, es bleiben Austastungslücken. Denn es gibt Angehörige der traditionellen Elite, die Großes, Herausragendes, weit Überdurchschnittliches leisten. Und solche, die das nicht tun.

Die zuletzt genannten vernichten Werte, treiben Banken in staatliche Rettungsprogramme, zerstören Unternehmen, lehnen Projekte ab, fragen beim Bewerbungsgespräch erst mal nach der Work-Life-Balance oder tun schlicht und einfach nicht das, was getan werden muss. Leider sagt der traditionelle Elitebegriff nichts aus über den Wertbeitrag eines Menschen für die Gesellschaft, für das Unternehmen oder die Familien, in der oder dem er lebt und arbeitet. Der Begriff sagt lediglich, in welcher sozialen oder demographischen Schicht jemand gehört. Nicht, was dieser Jemand leistet.

Evi Hartmann definiert eine Leistungselite

Evi Hartmann schreibt: „Ein wesentlicher Punkt bleibt außen vor: Leistung.“ Deshalb hält Evi Hartmann es auch für sinnvoll, Elite anders zu definieren, als soziodemographisch. Denn die echte Elite ist ihrer Meinung nach eine Leistungselite. Das sind Menschen, die sich durch Leistung auszeichnen, die Herausragendes leisten. Diese Menschen zählt Evi Hartmann zur Leistungselite. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, welche Position in der Hierarchie eines Unternehmens sie einnehmen oder welcher sozialen Schicht sie angehören.

Zur Leistungselite zählen alle, die ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten ausschöpfen, die vollen Einsatz zeigen und Überdurchschnittliches vollbringen. Es gibt aber auch Menschen, die nur so tun, als gehörten sie zur Elite. Sie bringen die besten Voraussetzungen mit, um ebenfalls herausragendes zu leisten – aber sie tun es nicht. Sie tun nur das Nötigste und arbeiten im Schongang. Ihrer – theoretischen – Möglichkeiten sind sie sich jedoch nur allzu sehr bewusst – und das reicht ihnen, um sich der Elite zugehörig zu fühlen. Quelle: „Ihr kriegt den Arsch nicht hoch“ von Evi Hartmann

Von Hans Klumbies