Gated Communities sind auch in Deutschland auf dem Vormarsch

Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland werden Gated Communities oder geschlossene Wohnkomplexe immer beliebter. Bis vor wenigen Jahren war diese Wohnform hierzulande noch weitgehend unbekannt. Wohnsoziologen und Kulturgeografen, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen, sind sich sicher, dass die Entwicklung hin zu abgeschlossenen Wohnen auch in Deutschland kaum aufzuhalten sein wird. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „ Geschlossene Wohnkomplexe sind abgeschirmte und bewachte Wohnkomplexe mit Zugangsbeschränkungen, die in zwei Varianten gebaut werden – als Apartmentanlagen oder als Ensembles von Häusern und Eigentumswohnungen auf einem von der näheren Umgebung abgesonderten Territorium.“ „Arcadia“, die deutschlandweit erste Gated Community wurde in Potsdam errichtet, 45 Wohnungen und sieben Villen stehen auf einem parkähnlichen Grundstück in bester Lage. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

Das Leben in geschlossenen Wohnarealen garantiert Sicherheit

Eigentümer und Bewohner geschützter Wohnanlagen sind durchweg wohlhabende Bürger der oberen Mittelschicht. Werden die Besitzer nach ihren Motiven und Bedürfnissen befragt, die hinter ihrer Entscheidung für diese spezifische Wohn- und Lebensform gestanden haben, so nennen sie immer die gleichen Gründe. Ein wichtiger Aspekt ist die Unzufriedenheit mit der öffentlichen Dienstleistung „Sicherheit“. Das der Staat schon lange nicht mehr die Sicherheit seiner Bürger garantieren könne und wolle, müsse jeder Einzelne sich selbst vor kriminellen Übergriffen schützen, die bekanntlich erschreckend zunähmen.

Allein die garantierte Sicherheit in den geschlossenen Wohnarealen rechtfertige den hohen Preis für die eigene Wohnung oder das eigene Haus. Ernst-Dieter Lantermann ergänzt: „Einen großen Stellenwert nehmen auch die vielfältigen Serviceleistungen ein, die einen von den alltäglichen Widrigkeiten befreien, sei es die Gartenpflege, anfallende Hausreparaturen, Mülltonnen an die Straße stellen, Schneefegen oder der vergessene Schlüssel – immer steht ein hilfsbereiter Doorman zu Diensten.“

Reichtum ausstrahlende Wohnareale versprechen Prestigegewinn

Ein weiteres oft genanntes Kaufmotiv ist die Garantie einer ökonomischen, sozialen und kulturellen Homogenität der Nachbarschaft, in der ein Leben unter Menschen mit ähnlichen finanziellen Hintergründen, Lebensstilen und Freizeitpräferenzen möglich wäre, ohne dass man sich für seinen Wohlstand rechtfertigen müsse oder mit Neid konfrontiert werde. Entsprechend groß ist auch der Wunsch nach räumlicher und sozialer Abgrenzung gegenüber Menschen aus Milieus, die einen anderen Lebensstil pflegen als sie.

Eigentümer von luxuriösen, Reichtum ausstrahlenden Wohnarealen versprechen zu zudem eine Aufwertung ihres sozialen Status, einen Prestige- und damit verbundenen Distinktionsgewinn, der sie im Blick der ausgeschlossenen Nachbarschaft als besonders erfolgreiche und bedeutsame Menschen erscheinen lässt. Ernst-Dieter Lantermann erläutert: „Bewohner geschlossener innerstädtischer Quartiere hoffen auf eine glückliche Verbindung des urbanen Lebens mit einer abgesicherten, privaten Bereich erweiterter Häuslichkeit.“ Quelle: „Die radikalisierte Gesellschaft“ von Ernst-Dieter Lantermann

Von Hans Klumbies