Erlernte Hilflosigkeit lässt sich in Optimismus verwandeln

Auf die Frage „Warum fördert lebenslanges Lernen den Optimismus?“ gibt Jens Weidner folgende Antwort: „Wer lernt, wird klüger – in der Schule, in der Ausbildung, im Studium. Wer lebenslang lernt, auch noch mit dreißig, mit fünfzig, mit sechzig Jahren potenziert sein Wissen um ein Vielfaches, hat unterschiedliche Lösungsstrategien im Hinterkopf, kann zielführender, erfolgreicher agieren und kommt damit schlichtweg weiter als andere.“ Martin Seligman, der Präsident der American Psychological Association, hat sich der Frage intensiv gewidmet, ob man Optimismus lernen kann, und er beantwortet sie mit einem glasklaren Ja. Seine Studien verfolgten das Ziel erlernte Hilflosigkeit in Optimismus zu verwandeln. Eine seiner zunächst wenig spektakulären Kernaussagen lautet: Der Optimist hat einen zuversichtlichen Blick auf private sowie berufliche Möglichkeiten und wirtschaftliche Entwicklungen. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

Optimisten verfallen nicht in Aktionismus

Dieser Chancenblick fördert die eigene Handlungsfähigkeit, was wiederum ein positives Lebensgefühl vermittelt. Jens Weidner erklärt: „Optimisten prüfen zunächst, ob etwas Substanzielles für den Erfolg getan werden muss oder ob es reicht, die gewünschten Prozesse einfach zu begleiten. Sie verfallen nicht in Aktionismus, und sie delegieren, wenn möglich, um sich zu entlasten.“ Aussagen wie: „Ich blicke eher optimistisch in die Zukunft.“ Oder: „Ich sehe meist die guten Seiten“, spiegeln ihre Grundeinstellung wider, sind nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern werden durch Handlungen belegt.

Dieser optimistische Eindruck lässt sich auch äußerlich dokumentieren, und zwar mit einem Lächeln. Die Gelotologie, also die Wissenschaft von den Auswirkungen des Lächelns, betont, dass man den wahren Optimisten an seinem Lächeln erkennt. Damit ist nicht das künstliche Flugbegleiter-Lächeln gemeint, sondern das echte, das so genannte Duchenne-Lächeln. Es bringt die kleinen Falten unter den Augen zum Vorschein. Dieses Lächeln wirkt authentisch, denn es ist natürlich. Mit dem richtigen Lächeln allein macht man natürlich noch keine Karriere.

Optimisten analysieren die Schwächen ihres Umfelds

Aber das natürliche, authentische Lächeln hilft, weil die Ausstrahlung von Zuversicht ankommt. Wer Karriere machen will, hat gelernt, die Konsequenzen seines beruflichen Handelns zu antizipieren und sich strategisch darauf einzustellen. Ohne vorausschauende Wahrnehmung wird es nichts mit dem Erfolg, sie ist das zentrale Frühwarnsystem für drohenden Ärger, bevor dieser die Dimensionen eines Eisbergs angenommen hat. Das Erfahrungslernen ist wichtig, um nicht überall in Fettnäpfchen zu treten – und die lauern bekanntlich überall.

Optimisten analysieren deswegen die Schwächen ihres Umfelds. Sie haben aber nicht das Ziel, dieses Wissen zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen, sie wollen lediglich ihr Gegenüber nicht versehentlich bloßstellen. Derartig kluges Verhalten ist das Ergebnis von Lernprozessen, sagt Albert Bandura, eine professorale Koryphäe an der Stanford University, den Jens Weidner für seine wissenschaftliche Arbeit bewundert. Optimisten wissen, dass sie es nicht allen recht machen können. Sie sind daher auch nicht von Kritik enttäuscht. Sie werden ihr allerdings auch nicht folgen, wenn sie von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt sind. Quelle: „Optimismus“ von Jens Weidner

Von Hans Klumbies