Erhard Oeser nennt die Wurzeln des Fremdenhasses

Eines der meistgebrauchten Worte der vergangenen Tage ist Fremdenfeindlichkeit. Wenn Flüchtlinge in Ungarn mit Gewalt festgehalten werden oder Staaten der Europäischen Union (EU) sich weigern, Heimatvertriebene aufzunehmen, steckt dahinter Angst – vor dem Fremden, dem Eindringling, dem Migranten. Erhard Oeser erklärt, warum so viele Menschen Angst vor dem Fremden haben: „Das geht weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Fremdenangst ist ein Schutzmechanismus. Man weiß ja nicht, welche Absichten der Fremde verfolgt. Ist er feindlich? Ist er freundlich? Da ist es gut, erst einmal vorsichtig zu sein.“ Dabei handelt es sich um ein weltweites Phänomen und eine genetische Disposition. Denn es ist schon vorhanden, ehe man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Der Philosoph Erhard Oeser studierte in München und Wien Philosophie und Psychologie. War lange bis zu seiner Emeritierung Professor an der Universität Wien.

Jedes Volk hat seine Feindbilder

Kinder zum Beispiel entwickeln irgendwann aus dem Nichts Angst vor Fremden. Aber das verliert sich mit der Zeit wieder. Für Erhard Oeser ist die aggressive Fremdenfeindlichkeit die schrecklichste dunkle Seite der menschlichen Zivilisation: „Sie hat sich im Laufe der Menschheitsentwicklung trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse und Rechtssysteme nicht vermindert. Im Gegenteil, sie hat sich zu immer größerer Brutalität entwickelt.“ Die Blutspur beginnt in der Antike und setzt sich über den Kolonialismus bis in die Gegenwart fort.

Jedes Volk hat seine Feindbilder und die Mechanismen sind immer die gleichen. Aus ideologischen Gründen kocht der Fremdenhass zu bestimmten Zeiten hoch. Auch wirtschaftliche und vor allem religiöse Gründe spielen eine Rolle. Erhard Oeser erkennt im Laufe der Geschichte ein Schema: „Immer, wenn Bekehrungsversuche unternommen wurden, war das der Punkt, an dem Fremdenfeindlichkeit in Fremdenhass und damit in Gewalt umgeschlagen hat.“ Der Antisemitismus ist beispielsweise immer dann entstanden, wenn Bekehrungsversuche gescheitert sind.

Es bilden sich Parallelgesellschaften und eine Selbstjustiz

Die Angst vor dem Fremden ist heute in Europa meist Islamophobie. Der Hauptgrund dafür ist laut Erhard Oeser der islamisch motivierte Terrorismus, wegen dem auch islamische Migranten oft als Bedrohung wahrgenommen werden. Eine verhängnisvolle Rolle spielt dabei auch die Religion: „Der Koran darf nämlich, wenn man streng gläubig ist, weder interpretiert, noch an die moderne Welt angepasst werden. So ist es die ureigenste Aufgabe der Dschihadisten mit Feuer und Schwert die richtige Religion über die Welt zu verbreiten.

Forscher beobachten, dass sich Parallelgesellschaften und eine Selbstjustiz bilden. Das ist für Erhard Oeser eine höchst unangenehme Sache, denn es gibt Fremdenfeindlichkeit von Jugendlichen in der dritten Generation. Ökonomische und soziale Krise der Mehrheitsgesellschaft machen Parallelgesellschaften erst möglich. Erhard Oeser erläutert: „Um von den Missständen abzulenken, wird eine Debatte über Werte und eine christliche Leitkultur wiederbelebt. Feindseligkeit gegen Schwache ist die Folge. Die reagieren mit Rückzug oder Aggression.“ Quelle: Kurier

Von Hans Klumbies