Epiktet ist von der Freiheit des Willens überzeugt

Epiktet vertritt die These, dass der Mensch einen Willen besitzt, der von Natur aus ohne Zwang und ungehindert ist. Er beweist dies in Bezug auf die Zustimmung. Denn niemand kann einen Menschen daran hindern, einer Wahrheit zuzustimmen und niemand kann ihn zwingen, das Falsche zu akzeptieren. Zudem ist Epiktet davon überzeugt, dass dies auch auf dem Gebiet des Wollens, des Antriebs und der Motivation zutreffend ist. Denn einen Wunsch oder eine Abneigung kann nur ein anderer Wunsch oder eine andere Abneigung überwinden. Auch die Angst vor einer Bedrohung mit dem Tod, lässt Epiktet nicht als Zwang gelten: „Was dich zwingt, ist nicht die Drohung, sondern deine Entscheidung, dass es besser ist, etwas anderes zu tun als zu sterben. Epiktet war ein antiker Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Vertretern der späten Stoa.

Alles kann im Einklang mit dem eigenen Urteil sein

Selbst bei einer Todesdrohung ist es wieder einmal das eigene Urteil, das einen Menschen zwingt; mit anderen Worten, der Wille zwingt den Willen. Wenn man es will, macht man niemanden verantwortlich, klagt niemanden an, und alles wird in Einklang mit dem eigenen Urteil sein. Der Mensch ist mit so vielen Eigenschaften ausgestattet, die auf einzigartige Weise rationale Lebewesen kennzeichnen, aber jeder weiß, dass er auch viele Eigenschaften mit den Tieren gemein hat, denen die Fähigkeit zu vernünftiger Überlegung fehlt.

Solange der Mensch nicht angemessen handelt und methodisch vorgeht sowie im Einklang mit seiner individuellen Natur und Zusammensetzung handelt, wird er seine eigenen Ziele niemals erreichen. Der Mensch als rationales Wesen hat die Möglichkeit, über alles nachzudenken und zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass er selbst ein Teil der Welt ist, ein Teil der besonderen Art, und dass es für diese Teile richtig ist, dem Ganzen Raum zu geben.

Der freie Wille sorgt für Zufriedenheit und Gelassenheit

Da es in der Natur des Menschen liegt, erhaben, von edler Gesinnung und frei zu sein, erkennt er außerdem, dass er in einer Welt lebt, in der manche Dinge ungehindert sind und ihnen obliegen, während andere wiederum Beschränkungen unterliegen und anderen obliegen. Dinge der ersten Gruppe gehören der Sphäre des Willens an, während jene, die außerhalb dieser Sphäre liegen, behindert werden können. Beschränkt ein Mensch sein eigenes Wohl und Interesse auf die erste Kategorie, wird er frei sein, zufrieden, glücklich, unversehrt und von edler Gesinnung.

Wenn ein Mensch allerdings sein Wohl und Interesse mit jenen Dingen gleichsetzt, die äußerlich und außerhalb der Sphäre des Willens sind, wird er unweigerlich unter Zwang stehen und frustriert sein, denjenigen untertan, die über jenes gebieten, was er bewundert und fürchtet. Er wird ungerecht sein, denn er will immer mehr für sich selbst; und es wird ihm unweigerlich an Selbstachtung und Großzügigkeit mangeln. Wer diese Wahrheiten versteht, den kann niemand an einer freien und leichten Lebensweise hindern, denn ein solcher Mensch akzeptiert alles gelassen, was passieren kann und findet sich mit dem ab, was schon geschehen ist. Quelle: „Epiktet“ von A. A. Long (Hrsg.)

Von Hans Klumbies