An einem Schuldenschnitt für Griechenland geht für den amerikanischen Ökonomen und Harvard-Professor Kenneth Rogoff kein Schritt vorbei. Er vertritt die Meinung, dass die Gläubiger von einem Euro Schulden maximal 40 Cent zurückerhalten werden. Er ist davon überzeugt, dass es einen dramatischen Zahlungsausfall geben wird, der unvermeidlich ist. Kenneth Rogoff sagt: „Ob Griechenland im Euro bleibt, ist eine politische Frage. Ich finde, Griechenland und auch Portugal hätten niemals in die Eurozone zugelassen werden sollen.“ Eine ebenso große Tragödie war es, die Slowakei und Estland in den Euroverbund aufzunehmen. Für Kenneth Rogoff sind das zwar wundervolle Länder, aber eben doch immer noch Schwellenländer.
Auch Portugal wird umschulden müssen
Laut Kenneth Rogoff braucht die europäische Politik eine Strategie, um eine Bankenpanik zu stoppen und einen Ausfall der Staatsschulden Spaniens und Italiens zu verhindern. Der Ökonom erklärt: „Wenn Griechenland ausfällt, wird die Angst zunehmen, ob Portugal und Irland zu halten sind, und dann springt die Sorge auf Spanien und Italien über.“ Daher braucht die europäische Politik einen Plan, mit dem sie die Ansteckungsgefahr an einem realistischen Punkt eingrenzen kann. Doch dieser ist noch nirgends zu sehen.
Kenneth Rogoff glaubt, wenn Griechenland als Rückzahler ausfällt, die Europäische Zentralbank (EZB) sofort portugiesische Staatsanleihen kaufen wird. Er lehnt dies strikt ab und sagt: „Auch für Portugal muss es eine Umschuldung geben. Nach der Theorie muss man diejenigen Staaten umschulden, die insolvent sind, und diejenigen stützen, die nur vorübergehend kein Geld besorgen können.“ Kenneth Rogoff gibt aber auch zu, dass in der Realität die Unterscheidung zwischen Insolvenz und Illiquidität nicht immer leicht zu treffen ist.
Europa braucht schnell eine Insolvenzordnung für Staaten
Hart ins Gericht geht Kenneth Rogoff mit dem aktuellen Umgang der Europäischen Union mit Griechenland. Er erklärt: „Mit der gegenwärtigen Politik schickt man Griechenland über viele Jahre in eine schwere Rezession, die Schuldenlast wird immer schlimmer.“ Daher ist seiner Meinung nach dringend eine Umschuldung Griechenlands geboten. Selbst Staatsbankrotte sind für Kenneth Rogoff überhaupt nichts Ungewöhnliches. Das einzige was die Politik dabei dringend braucht, ist eine Insolvenzordnung für Staaten.
Für Deutschland wird die Rettung des Euro laut Kenneth Rogoff in jedem Fall sehr teuer werden. Er sagt: „Griechenland und die anderen Peripherstaaten brauchen eine Umschuldung. Die wird teuer für die Gläubiger. Die Schuldenquote von Deutschland und Frankreich wird um vielleicht zehn bis 20 Prozentpunkte steigen.“ Dieser Schuldenzuwachs bewegt sich für den Harvard-Professor allerdings immer noch im Rahmen des Erträglichen, da eine Bankenpanik noch viel teurer ausfallen würde.
Von Hans Klumbies