Die Weinsprache ist nicht homogen, sondern unterscheidet sich nach Regionen und Historie. Es gibt Ausdrücke, die nur in der Weinsprache vorkommen wie Böcksern, was so viel heißt wie nach faulen Eiern riechen und schmecken. Oder Jufteln, das den charakteristischen Geruch älterer Weine in Russland bezeichnet. Mit Kämmseln wird ein Wein bezeichnet, wenn er nach Beerenstielen schmeckt. Der Autor Hans Peter Althaus lehrt seit 1971 als Professor der Germanistik an der Universität Trier und ist Leiter eines Forschungsprojekts zur Terminologie der Weincharakterisierung. Die knappsten Formulierungen findet man laut Hans Peter Althaus bei den Winzern und Weinkommissionären. Das führt dann oftmals zu allerknappsten Beschreibungen wie „vollmundig, rassig“ oder „Bouquet, Finesse“.
Die Beurteilung der Weine in der Antike und in der Moderne
Richtet sich dagegen eine Weinbeschreibung an den Laien kann sie wie folgt lauten: „Der Spätburgunder protzt mit marmeladiger Waldfrucht, frischen Vanilleschoten, Leder, Amarenakirsche und kandierten Früchten. Das alles ist supersaftig.“ Im Extremfall lösen sich die Beschreibungen völlig vom Produkt und werden durch freie Assoziationen ersetzt: „Feinfleischig flitzende Forelle, nackelig schnalzend im Bach.“
In der Antike wurden Weine nach einem einfachen Schema beurteilt: nach der Farbe, nach dem Geruch und nach dem Geschmack. Heute stellt sich ein Beurteilungsschema wesentlich differenzierter dar. Es wird nach Farbe, Klarheit, Trübung, Flüssigkeitsgrad, Kohlensäuregehalt, Duft, Entwicklung und Alter, Reintönigkeit, Art, Körper, Süße und Säure unterschieden.
Das Wörterbuch umfasst mehr als 1.000 deutsche Weinwörter
Bei Rotweinen kommen noch Gerbstoffe, Alkohol, Jahrgangsreife, Lese, Verbesserung, Mängel beziehungsweise Fehler oder Krankheiten, Temperatur und Reize hinzu. Den Hauptteil des kleinen Wörterbuchs der Weinsprache von Hans Peter Althaus nimmt „Der Wortschatz des Weinkenners“ ein. Für dieses Buch konnten die Forschungsergebnisse eines Forschungsprojekts verwendet werden, indem die Beschreibungen von knapp 10.000 Weinen untersucht wurden.
Das Wörterbuch umfasst mehr als 1.000 deutsche Weinwörter, darunter die wichtigsten und häufigsten aber auch seltene, typische, regional verwendete oder solche, die in früheren Zeiten gebraucht worden sind. Zum Schluss ein paar Beispiele aus der Weinsprache: Botrytis heißt der charakteristischer Geruch und Geschmack von Weinen aus edelfaulen Beeren. Ein Bremser ist ein Most in der stürmischen Gärung.
Die künstliche Alterung bei Weinen
Dreimännerwein, sehr saurer Wein nach dem Motto einer hält ihn, einer schüttet ihn hinein, einer muss ihn trinken. Gefeuert heißt durch Erwärmung verbessert. Zur künstlichen Alterung wurden junge Weine seit Jahrhunderten erwärmt oder sogar gekocht. Das geschah in speziellen Feuerkammern. Kirchenfenster nennt man die Schlieren am Trinkglas, als bildlicher Ausdruck für besonders extraktreiche Weine. Wer demnächst in geselliger Runde beim Weingespräch eine gute Figur machen möchte, sollte das „Kleine Wörterbuch der Weinsprache“ lesen.
Man muss nicht gleich mit Superlativen um sich werfen, wie das einst der deutsche Dichter Ludwig Tieck tat, dem im Weingespräch über deutschen Wein kein schmückendes Beiwort zu groß war. Der König aller Weine ist für Ludwig Tieck aber der rosenrötliche Aleatico aus Latium: „Er wird Blume und Ausbund allen Weingeistes genannt, Milch und Wein, Blume und Süße, Feuer und Milde zugleich.“
Kleines Wörterbuch der Weinsprache
Hans Peter Althaus
Verlag: C.H. Beck
Broschierte Ausgabe: 191 Seiten, Auflage: 2008
ISBN-13: 9783406573835, 9,95 Euro
Von Hans Klumbies