Der Urwald dient als Klimaanlage für die Erde

In den Wolken über dem Kronendach von Urwaldriesen sammelt sich eine unvorstellbare Menge Wasser. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Der Wolkenschirm blockt Sonnenstrahlen ab, verhindert, dass der Boden austrocknet, und wirkt als Klimaanlage für die ganze Erde. Er beeinflusst den interkontinentalen Wolkenstrom und auch jeden Niederschlag, der woanders auf dem Planeten fällt.“ Zum Beispiel ganz im Süden der Erdkugel, in der Antarktis. Hier kommt er als Schnee vom Himmel. Er lässt über Hunderttausende Jahre hinweg kilometerdicke Eispanzer wachsen. Langsam fließen sie zur Küste und laden dort ihre Staub- und Geröllfracht ins Meer ab. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

Die Biomasse in den Ozeanen hat sich fast halbiert

Egal wie weit und wohin ein Mensch auf dieser Welt reist: Es ist immer eine Reise zu den Kieselalgen, welche die Menschheit am Leben erhalten. Das ganze System bewegt riesige Mengen von Mineralstoffen, Wasser und Energie um den Globus. Wenn hier etwas durcheinandergerät, spürt man das früher oder später überall. Dirk Steffens und Fritz Habekuss kritisieren: „Dennoch sind wir dabei, den Kreislauf massiv zu stören, indem wir die Ozeane mit Plastik, Öl und anderen Giften verschmutzen.“

Auch die Treibhausgas-Emissionen stören die Chemie in den Meeren, die einen großen Teil des zusätzlichen CO2 aufnehmen. Im Wasser entsteht so Kohlensäure, die den Aufbau der Kieselalgen-Schalen und damit ihre Fortpflanzung hemmt. Der Anstieg der Wassertemperaturen bringt zusätzliche Probleme. Seit 1950 hat sich die Biomasse pflanzlichen und tierischen Planktons in den Ozeanen fast halbiert. Die Veränderungen sind in diesem über Ewigkeiten eingespielten biologische System extrem deutlich zu spüren.

Auf der Erde ist alles miteinander vernetzt

Sollte dieser gewaltige Kreislauf irgendwann zum Erliegen kommen, würde das Leben, so wie es die Menschheit kennt, aufhören zu sein. Auf der Erde ist tatsächlich alles miteinander vernetzt, nirgendwo auf dem Planeten geschieht etwas, das nicht anderswo Folgen hätte. Dirk Steffens und Fritz Habekuss stellen fest: „Wir sind Teil eines globalen Lebenserhaltungssystems, das sich ständig selbst wartet, erneuert und verändert.“ Leider tendieren die Menschen in ihren Analysen und Entscheidungen dazu, nicht auf ganze Natursysteme zu blicken, sondern nur auf einzelne Teile davon.

Sie suchen nach überschaubaren Zusammenhängen von Ursache und Wirkung, die sie direkt beeinflussen können. Dabei verlieren sie oft aus dem Blick, wie komplex die Zusammenhänge auf dem Planeten sind und wie sehr sie davon abhängen, dass sie funktionieren. Der Kieselalgenzyklus ist nur eines von unendlich vielen Beispielen. Dass es auf dem Planeten Erde überhaupt Leben gibt, ist ein atemberaubender Zufall. Denn dafür musste sich ein Geflecht von astronomischen, geologischen, chemischen und biologischen Wechselwirkungen entwickeln. Quelle: „Über Leben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss

Von Hans Klumbies