Während der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre hatte die industrialisierte Welt eine lange Liste von Problemen. Nouriel Roubini blickt zurück: „Der Handel kam nahezu zum Erliegen. Rechnungen blieben unbezahlt. Banken kollabierten. Die Arbeitslosigkeit stieg auf über 25 Prozent. Bankrotte Bauern und Hauseigentümer verkauften ihr Hab und Gut.“ Überall herrschte Ungewissheit. In einem Klima der Hoffnungslosigkeit kamen in Deutschland, Italien, Spanien und Japan totalitäre und militaristische Regimes an die Macht, die eine Rückkehr zu alter Größe versprachen und politische sowie Menschenrechte mit den Füßen traten. Unternehmen liehen sich Geld, um im Geschäft zu bleiben und Staaten taten es ihnen gleich, um die wirtschaftliche Aktivität anzukurbeln. Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er leitet Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.
Die Weltwirtschaft brach nicht zusammen
Eines der bekanntesten staatlichen Maßnahmenpakete ist der sogenannte New Deal, der unter US-Präsident Franklin D. Roosevelt verabschiedet wurde. Nouriel Roubini erklärt: „Mit einem Projekt nach dem anderen wurde Geld in die Wirtschaft gepumpt. Straßen und Brücken wurden gebaut, Banken wiederbelebt, die Armen gespeist und Künstler beschäftigt.“ So finster die Situation damals auch schien, war die Wirtschaft tatsächlich gesünder, als die Menschen vor den Suppenküchen Schlange standen. Die Weltwirtschaft bebte, aber sie brach nicht zusammen.
Der Börsenkrach und die arbeitslosen Massen verstellen den Blick auf zwei entscheidende Vorteile, die diese Zeit gegenüber unserer heutigen Zeit aufwies: Die Industrienationen hatten niedrige Schulden und viel Raum zum Wachsen. Nouriel Roubini ergänzt: „Die Vereinigten Staaten konnten sich Geld leihen und die Schulden schließlich aus den steigenden Steuereinahmen begleichen. Die 1935 gegründete Sozialversicherung und die 1965 gegründete staatliche Krankenversicherung stellten sicher, dass Arbeitnehmer im Ruhestand medizinische Leistungen und eine Rente bekamen.“
Viele Menschen werden keinen geruhsamen Lebensabend genießen können
Solange die Arbeitnehmerschaft wuchs, hatten diese Programme immer mehr Geld zur Verfügung, auch wenn die Zahl der Rentner ebenfalls stieg. Nouriel Roubini stellt fest: „Wer heute zwischen 30 und 40 Jahren alt ist, hat noch drei Jahrzehnte der Erwerbstätigkeit vor sich. Aktuelle Berechnungen gehen davon aus, dass die Rente in den Vereinigten Staaten nur noch bis 2033 sicher ist – ein Zeitpunkt, der von der Coronakrise um ein Jahr vorverlegt wurde.“
Wer nach diesem Zeitpunkt in Ruhestand geht, muss davon ausgehen, nur noch rund 76 Prozent der ihm zustehenden Rente zu erhalten. Die Höhe der Einkünfte im Alter wird vor allem von den eigenen Ersparnissen abhängen, und das lässt für viele Menschen keinen geruhsamen Lebensabend erwarten. Nouriel Roubini fügt hinzu: „Die Notenbank geht davon aus, dass fast 40 Prozent der US-Amerikaner nicht mehr in der Lage sein werden, ein größeres Haushaltsgerät zu ersetzen.“ Quelle: „Megathreats“ von Nouriel Roubini
Von Hans Klumbies