Die Dichterin Else Lasker-Schüler war eine leidenschaftlich Liebende, die sich immer wieder aufs Neue verliebte, funkelnd und glühend. Die Liebe zu einem Menschen, wie beispielsweise zu dem Maler Franz Marc, war für sie ein Rauschzustand, aber viel überwältigender als dieser, ihr Gefühl des Glücks im Zentrum ihrer Dichtkunst. Sie war die berühmte Kaffeehausliteratin Berlins, die gerne ihren Kaffee oder Wein im „Romanischen Café“ oder dem „Café des Westens“ genoss. In der Phantasie von Else Lasker-Schüler war nichts unmöglich. Sie beschrieb sich einmal selbst in einer Kurzbiographie mit folgenden Worten: „Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam im Rheinland. Ich ging bis 11 Jahre zur Schule, wurde Robinson, lebte fünf Jahre im Morgenlande und seitdem vegetiere ich.“
Das Irdische und Überirdische werden eins
Sie nannte sich gerne „Prinz von Theben“ oder „Prinz Jussuf“. In ihrer Lyrik drehte sie, wie bei ihren Namen, die Welt nach den eigenen Wünschen und verwebte dabei das Irdische mit dem Überirdischen auf kunstvollste Weise. Else Lasker-Schüler hat einige der schönsten Liebesgedichte der Weltliteratur geschrieben. Sie heißen „Gebet“, „Versöhnung“ oder „An Apollon“.
Aber auch über das Exil und die Verzweiflung konnte sie außergewöhnliche Geschichten schreiben. Zu nennen sind hier „Mein alter Tibetteppich“ und „Mein blaues Klavier“. Sie orientierte sich in ihren Gedichten an der berauschenden Romantik der Brentanos. Neben Lyrik, Prosa und Theaterstücken verfasste Elke Lasker-Schüler die schönsten, versponnenen und leidenschaftlichen Liebesbriefe an die Männer, die sie gerade aus vollem Herzen liebte.
Else Lasker-Schüler: „Dein Herz ist wie die Nacht so hell, ich kann es sehen.“
Ihre Briefpartner nannte sie Tiger, Caesar, König oder Indianer, die mit bürgerlichen Namen Franz Marc, Gottfried Benn, Klaus Mann oder Martin Buber hießen. Ihr brisantestes Theaterstück nannte sie „Die Wupper“. Es spielte in der frühindustriellen Welt ihrer calvinistischen Heimatstadt Elberfeld. Der Schmerz und das Ich stehen im Zentrum der Dichtung von Else Lasker-Schüler.
Die Lyrikerin richtet ihre Gedichte in der Regel an Personen, den Geliebten ohne Namen oder die Mutter. Die Liebe und das Herz bieten ihr dabei Asyl. Else Lasker-Schüler dichtet: „Dein Herz ist wie die Nacht so hell, Ich kann es sehen.“ In den frühen Gedichten der Lyrikerin wird ihre innere Zerrissenheit besonders deutlich.
Die Vielschichtigkeit der Dichterin hat ihr Freund und Schriftsteller Erwin Loewenson wohl am besten beschrieben: „Else Lasker-Schüler war extrem erotisch und extrem mütterlich. Sie war immer auch das Gegenteil, vertrauensselig und argwöhnisch, aufrichtig bis zur Selbstindiskretion und besaß einen alles auf den Kopf stellenden Humor. In jedem ihrer vielen Gegenpole blieb sie immer ganz und stets die gleiche.“
Kurzbiographie: Else Lasker-Schüler
Elisabeth Schüler wurde am 11. Februar 1869 in Elberfeld geboren. 1894 heiratete sie den Arzt Dr. Jonathan Berthold Lasker, mit dem sie nach Berlin zog. Dort begann sie Malerei zu studieren. 1899 wurde ihr Sohn Paul geboren. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre ersten Gedichte in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“. Drei Jahre später erschien ihr erster Gedichtsband „Styx“. 1903 reichte sie die Scheidung ein.
Ihre zweite Ehe ging sie mit Herwarth Walden ein, der die expressionistische Zeitschrift „Der Sturm“ herausgab. 1910 trennte sie sich auch von ihrem zweiten Ehemann. Bis zu ihrem Tod lebte sie in ständig wechselnden Wohnungen. Bis April 1933 in Berlin, anschließend in Ascona und Zürich. Zweimal fuhr sie nach Palästina. Von ihrer dritten Palästinareise konnte sie nicht mehr nach Zürich zurückkehren, da der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war. Else Lasker-Schüler starb am 22. Januar 1945 in Jerusalem und wurde am Fuße des Ölbergs begraben.
Von Hans Klumbies