Die Klimamodelle sind immer besser geworden

Wie die Menschen in verschiedenen Orten extreme Wetter erleben, hängt von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, aber grundlegend von der politischen Situation am Ort des Geschehens ab. Wetter – und damit auch die Rolle des Klimawandels – so zu erforschen, wie Friederike Otto es tut, ist deshalb immer auch politisch, was es für viele Naturwissenschaftler zu einem unangenehmen Forschungsgegenstand macht. Zu zeigen, dass beide Hürden, die technische und die politische, überwindbar sind, ist Friederike Otto wichtig: „Unsere Klimamodelle sind immer besser geworden, gleichzeitig setzt sich auch in der Wissenschaft die Erkenntnis durch, dass Forschung nicht fernab der realen Welt passieren kann. Friederike Otto forscht am Grantham Institute for Climate Chance zu Extremwetter und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie hat das neue Feld der Zuordnungswissenschaft – Attribution Science – mitentwickelt.

In teachable moments können Menschen etwas besonders gut lernen

Friederike Otto versteht Wetterereignisse als „teachable moments“, also als lehrreiche Momente, die deutlicher als andere Momentaufnahmen zeigen, wie der Klimawandel die Menschen konkret betrifft und wie er sich wo anfühlt. Die Idee der teachable moments stammt aus den Sozialwissenschaften und meint einen Zeitpunkt, an dem Menschen etwas besonders gut und leicht lernen können. Ein Kind erlebt zum Beispiel seinen ersten Schnee – das ist ein guter Moment, um etwas über verschiedene Aggregatzustände von Wasser zu lernen.

Klimatisch lehrreiche Momente stellen allerdings eine große Herausforderung dar, wenn Forscher herausfinden wollen, was genau uns ein Extremereignis eigentlich lehrt – und vor allem wen. Anfangs dachte Friederike Otto, extreme Hitzewellen oder Überschwemmungen würden ihr im Wesentlichen etwas über die durch den Klimawandel hervorgerufenen Veränderungen in der Atmosphäre zeigen. Wenn Friederike Otto, so ihr Gedanke, die atmosphärischen Auswirkungen besser verstehe, lerne sie auch etwas über das Wetter in Zeiten des Klimawandels.

Das Verhältnis von Extremwetterlagen und Risiko ist kompliziert

Tatsächlich hat Friederike Otto viel mehr gelernt: „Zum Beispiel über das komplizierte Verhältnis von Extremwetterereignissen und Risiko. Denn um genau zu wissen, wie riskant es wo für wen ist, eine Dürre zu erleben, brauchen wir eine ganze Menge Informationen.“ Dabei fallen vor allem drei Faktoren in die Waagschale: die Naturgefahr, die Art und Weise, wie wir ihr ausgesetzt sind – die Forschung spricht hier von Exposition –, und die Vulnerabilität, also die Verletzbarkeit, mit der wir ihr gegenübertreten.

Das in Bonn ansässige Büro der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge definierte Naturgefahren 2022 als Naturphänomene, die „zu Verlust von Menschenleben, Verletzungen oder anderen gesundheitlichen Auswirkungen, Sachschäden, sozialen und wirtschaftlichen Störungen oder Umweltzerstörung führen können“. Eine solche Naturgefahr zeigte sich etwa 2022 in Westafrika. Dort litt die Bevölkerung ganzer Landstriche in der sich von Mai bis Oktober erstreckenden Regenzeit unter dramatischen Überschwemmungen. Quelle: „Klimaungerechtigkeit“ von Friederike Otto

Von Hans Klumbies