Johann Wolfgang von Goethes naturwissenschaftliches Hauptwerk „Die Farbenlehre“ erschien 1810 in zwei Bänden in Tübingen. Der Autor erforscht, was der Vielzahl der Farbwahrnehmungen zugrunde liegt und stellt fest, dass der Mensch ohne Licht keine Farben wahrnehmen kann. Das Licht war für ihn daher die Grundlage jeder Wahrnehmung von Farbe. Johann Wolfgang von Goethe stellte die These auf, dass Farben Modifikationen des Lichts sind. Das Modifizierende liegt in der lichtlosen Materie, der Finsternis. Goethe untersucht erstens Farben, insofern sie dem Auge angehören und auf einer Wirkung und Gegenwirkung desselben beruhen, die so genannten flüchtig physiologischen Farben.
Theorie der Unteilbarkeit des Lichts
Johann Wolgang von Goethes zweite Methode ist, die Farben an farblosen Mitteln oder durch deren Beihilfe wahrzunehmen. Er nennt sie verweilende physische Farben. Drittens erforscht er Farben, die seiner Meinung nach den Gegenständen angehören, die dauernden chemischen Farben. Johann Wolfgang von Goethe verfolgt die Farbenwahrnehmung von ihrer Erregung bis zum Auge und von diesem zurück zum wahrgenommenen Gegenstand in ihrem fortwährenden Übergang.
Er entwickelt eine umfassende Theorie der natürlichen Unteilbarkeit des Lichts, der Polarität von Licht und Finsternis sowie der Entstehung der Farben aus dem Zusammenspiel dieser beiden Prinzipien. Die Farben entstehen seiner Meinung nach aus dem trüben Bereich zwischen schwarz und weiß.
Johann Wolfgang von Goethes Wahrnehmungsversuche
Bei seinen Forschungsarbeiten hält sich Johann Wolfgang von Goethe treu an die Phänomene. Zuerst werden sie gesammelt, danach gesichtet, anschließend mit Versuchen untersucht und geprüft, bis sich schließlich Urphänomene herauskristallisieren. In seinen Wahrnehmungsversuchen beschreibt Johann Wolfgang von Goethe zwei verschiedene Zustände der Retina, je nachdem ob Licht oder Finsternis auf sie einwirken.
Es entsteht ein Zustand der Abspannung, wenn ein Mensch die Augen in einem ganz finsteren Raum offen hält. Das Organ ist sich selbst überlassen. Es fehlt der äußere Reiz, der es mit der Welt verbindet. Der Zustand der Überspannung tritt ein, wenn der Mensch die Augen gegen eine stark beleuchtete weiße Fläche wendet. Das Organ wird geblendet und kann eine Zeit lang mäßig beleuchtete Gegenstände nicht mehr unterscheiden.
Johann Wolfgang von Goethe lehnt künstliche Experimente ab
Beim schnellen Hin- und Herwechseln zwischen den beiden Zuständen ist der Unterschied bedeutend und die Zustände bleiben einige Zeit bestehen. Nach den Versuchen stellen die Augen ihre Empfänglichkeit in einer Zeitspanne von einer bis acht Minuten wieder her. Johann Wolfgang von Goethe geht bei seiner Forschung genetisch-morphologisch vor, im Gegensatz zu den Physikern, die zur kausal-mechanistischen Methode greifen.
Isaac Newton entdeckte zum Beispiel die Spektralfarben durch die experimentelle Zerlegung des weißen Lichts. Johann Wolfgang von Goethe dagegen will nicht die Sinnesorgane und die natürliche Sprache als Vermittlungsinstanzen zwischen dem Menschen und seiner Umgebung aufgeben. Er weigert sich, sie durch künstliche Instrumente und Apparate zu ersetzen.
Kurzbiographie: Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. 1765 studiert er in Leipzig Rechtswissenschaften. Von 1770-1771 betreibt er seine Studien, nach einer schweren Erkrankung, in Straßburg. 1776 tritt er auf Einladung des Erbprinzen Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach in den weimarschen Staatsdienst ein. 1779 wird Johann Wolfgang von Goethe Kriegskommissar, kurz darauf zum Wegebauverwalter berufen und zum Leiter der Wasserbaukommission bestimmt.
Auf seiner Italienreise, die von 1786 bis 1788 dauerte, beschäftigte sich Johann Wolfgang von Goethe mit geologischen und mineralogischen Forschungen. Außerdem beobachtete er die Entwicklung der Pflanzengestalt aus der Metamorphose des Blattes und stellte einige Zuchtversuche an. 1792 studiert Goethe die Schriften Isaac Newtons. Im Jahr darauf setzt er sich kritisch in mehreren Abhandlungen mit Isaac Newton auseinander und entwickelt seine eigene Farbenlehre. Johann Wolfgang von Goethe stirbt 1832 in Weimar.
Von Hans Klumbies