Die AfD baut ihren Erfolg auf einem schlichten Nein auf

In den Landesparlamenten Deutschlands macht sich eine Partei breit, die ihren Erfolg auf einem schlichten Nein aufbaut. Als den Deutschen die Rettung des Euro zu teuer vorkam, rief sie: „Nein zum Euro!“ Seit die Eurokrise abebbte und eine Million Migranten ins Land kamen, schreit sie: „Nein zu Flüchtlingen!“ Seit der Flüchtlingsstrom kleiner wird und Islamisten Anschläge verüben, brüllt sie: „Nein zum Islam!“ Alexander Hagelüken ergänzt: „Und bei alldem tönt ein Nein zum System mit, zu den etablierten Parteien, zur vermeintlichen Lügenpresse.“ Die vermeintliche Alternative für Deutschland (AfD) zog seit 2014 bei allen zehn Landtagswahlen ins Parlament ein. Bei den fünf Landtagswahlen 2016 erzielte sie zwischen zwölfeinhalb Prozent und einem gewaltigen Viertel der Stimmen. Alexander Hagelüken ist als Leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung für Wirtschaftspolitik zuständig.

Die AfD beutet eine tief sitzende Unzufriedenheit aus

Damit macht die AfD nicht kleineren Parteien Konkurrenz, sondern den großen Volksparteien. Längst treibt sie die etablierten Parteien vor sich her, gerade CDU und CSU, die sich monatelang öffentlich über die Flüchtlingspolitik duellierten und so ein desolates Bild ihrer Regierungsfähigkeit präsentierten. Um den unheimlichen Charme der AfD zu verstehen, muss man die Anziehungskraft des universellen Nein begreifen. Es ist ein Nein zu den herrschenden Zuständen, zur eigenen Situation. Von Bürgern, die sich vom politisch-wirtschaftlichen System an den Rand gedrängt fühlen und die nicht angehört werden.

Alexander Hagelüken erklärt: „Die AfD beutet eine tief sitzende Unzufriedenheit aus, die mit stagnierenden Einkommen der Mittelschicht zu tun hat und dem Abstieg von Geringverdienern.“ Wenn das Eigene nicht reicht, wird der Fremde zum Feind, weil er sogar vom wenigen noch etwas wegnehmen könnte. Die AfD erntet die politischen Früchte der Ungleichheit im Land. Der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Joachim Möller warnt: „Der gesellschaftliche Zusammenhalt beginnt zu schwinden.“

Die Bedrohung der Mittelklasse führt zu einer Radikalisierung

Joachim Möller fährt fort: „Wir sehen das schon am Erstarken der populistischen Parteien. Die Bedrohung der Mittelklasse führt zu einer Radikalisierung.“ Nun gab es in der Bundesrepublik immer wieder rechte Protestparteien. Ob Republikaner, DVU oder NPD, alle verloren nach einer Weile an Bedeutung. Diesmal könnte es anders sein. Überall im Westen sind Populisten im Aufwind, die Unzufriedenheit und Fremdenphobie ausbeuten, von Donald Trump über Marine Le Pen bis zu den Propagandisten des Brexit wie Nigel Farage.

Der Kolumnist Roger Cohen, der für die New York Times schreibt, stellt fest: „Es gibt einen globalen Aufstand gegen die zunehmende Ungleichheit, stagnierende Mittelschichts-Einkommen, soziale Ausgrenzung, Freihandel, Masseneinwanderung und Steuersysteme zugunsten der Konzerne und Manager.“ Der Kolumnist Martin Wolf, der für die Financial Times arbeitet, schreibt: „Eine riesige Zahl amerikanischer Wähler hat das Vertrauen in das politische und wirtschaftlich System verloren.“ Quelle: „Das gespaltene Land“ von Alexander Hagelüken

Von Hans Klumbies