Voraussetzung für den Wohlstand Roms und des Römischen Reiches war der Friede, den Kaiser Augustus nach dem nicht enden wollenden blutigen Bürgerkriegen gebracht hatte. Manfred Lütz betont: „Es gibt wohl keine grausameren Kriege als Bürgerkriege, die nicht nur die Eintracht der Bürger, sondern auch die der Familien und Nachbarn zerstören.“ Deswegen überschüttete man den neuen ersten Mann im Staat mit Ehrungen und Dankesbezeugungen. Doch Augustus war klar, dass dauerhafter Friede nicht nur durch die Abwesenheit von Krieg erreicht werden kann. Das Ende des Wahnsinns allein produziert noch keinen Sinn. Der allgemeine Sittenverfall, den die jahrzehntelange hemmungslose Herrschaft der Gewalt bewirkte, hatte tatsächlich zu einer tiefen Verunsicherung beigetragen. Manfred Lütz hat Medizin, Theologie und Philosophie in Bonn und Rom studiert. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Autor zahlreicher Bestseller.
Die Ehrfurcht vor den alten Göttern ist unabdingbar
Und so war es Augustus darum zu tun, den Menschen wieder Sinn zu vermitteln, indem er altrömische Tugenden neu belebte: Rechtschaffenheit und Pflichtbewusstsein. Dazu, glaubte er, sei die Ehrfurcht vor den alten Göttern unabdingbar. Er selbst ging dabei mit gutem Beispiel voran. Manfred Lütz erklärt: „Auf der Ara Pacis Augustae, dem Altar des augusteischen Friedens, den der Senat dem Kaiser im Jahre 13 vor Christus errichten ließ, sieht man Augustus, wie er den Göttern demütig Opfer darbringt.“
Der Kaiser schreitet links als nur noch zur Hälfte erhaltene Figur mit Lorbeerkranz der Prozession voran. Ihm folgen alle Angehörigen der kaiserlichen Familie, denn die Heiligkeit der Familie war den alten Römern Grundlage für den Bestand des Staates. Manfred Lütz fügt hinzu: „Deswegen galt es den Römern auch später völlig natürlich, die eigene Familie an Macht und Wohlstand zu beteiligen, die man selber errungen hatte.“ Allerdings akzeptierte man das nur, wenn alle einem höheren, einem allgemeinen Ziel dienten und nicht bloß den eigenen Egoismus pflegten.
Kaiser Augustus baute eine neue Art der Herrschaft auf
Außerdem sieht man in dieser Prozession Freunde wie Agrippa, der als Opfernder die Toga über den Kopf gezogen hat und dem die Liktoren mit eigentümlich spitzen Hauben vorausziehen. Manfred Lütz blickt zurück: „Dieser Altar muss auch damals schon altertümlich gewirkt haben, denn er war wie in uralten Zeiten zum Himmel hin offen. An der Ara Pacis kann man die Grundlagen sehen, auf denen Kaiser Augustus die neue Art der Herrschaft aufbaute.“
Der Herrscher ist nicht herausgehoben, er reiht sich ein in eine Prozession, in der Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen. Manfred Lütz stellt fest: „Die exquisit gearbeiteten Reliefs zeigen ganz unterschiedliche, eigene Charaktere. Auch Augustus ist wie jeder Mensch ein soziales Wesen und er lebt in sinnvollen menschlichen Bezügen, das sollte hier gezeigt werden.“ Die Alleinherrschaft des Augustus versteckt sich überhaupt hinter den alten republikanischen Formen, es gibt weiter Konsuln, auch den Senat und der ganze Bau der Ara Pacis erweist den alten Göttern die Ehre. Quelle: „Der Sinn des Lebens“ von Manfred Lütz
Von Hans Klumbies