Deutsche Arbeitnehmer klagen über zu viel Stress in der Firma

Trotz der Erholung am Arbeitsmarkt klagen die deutschen Arbeitnehmer weiter über mittelmäßige bis schlechte Arbeitsbedingungen. Eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ergab, dass 61 Prozent der Beschäftigten in Deutschland mehr Arbeit in der gleichen Zeit leisten müssen als im Vorjahr. Oft gehetzt arbeiten 56 Prozent und nur 45 Prozent gehen davon aus, unter diesen Bedingungen bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten zu können. Die Deutschen klagen auch über das Einkommen: Für 43 Prozent der Beschäftigten reicht das Einkommen nicht oder gerade so aus. Knapp ein Drittel aller Befragten arbeitet oft an Wochenenden, ebenso viele müssen oft abends nach 18 Uhr arbeiten. Nacharbeit ist immer noch für knapp zehn Prozent der Deutschen die Regel. Ver.di Chef Frank Bsirske erklärt: „Die Entspannung am Arbeitsmarkt führt nicht automatisch zu besseren Arbeitsbedingungen.“

In vielen Unternehmen offenbart sich eine Kultur der Maßlosigkeit

Frank Bsirske fordert: „Arbeit zum Nulltarif darf nicht länger geduldet werden. Die Ausweitung der Arbeitszeiten muss gestoppt werden.“ DGB-Vorstand Annelie Buntenbach klagt: „In vielen Unternehmen offenbart sich eine Kultur der Maßlosigkeit. Beschäftigte werden durch steigende Leistungsanforderungen oft in eine Situation systematischer Überforderung gebracht. Dies ist auch die Hauptursache für den Besorgnis erregenden Zuwachs psychischer Erkrankungen. Deshalb ist eine wirkungsvolle Anti-Stress-Politik notwendig.“

Eine Folge der systematischen Überforderung ist auch, dass jeder sechste Beschäftigte häufig oder oft unbezahlt für seinen Betrieb arbeiten muss. Dabei gibt es zwischen den verschiedenen Branchen erhebliche Unterschiede: Ganz vorne liegt der Bereich Erziehung und Unterricht, in dem 45 Prozent der Beschäftigten sehr häufig Gratisarbeit leisten. Über dem Durchschnitt liegen auch die Anteile im Bereich Kommunikation und Information sowie im Sozialwesen. Am niedrigsten ist der Anteil der Gratisarbeiter in der Metallindustrie und im Bereich Ver- und Entsorgung mit jeweils sechs Prozent.

86 Prozent der Deutschen identifizieren sich mit ihrer Arbeit

Je höher die Qualifikation und die Bezahlung der Mitarbeiter ist, desto häufiger ist die unentgeltliche Mehrarbeit. In der Auswertung der Umfrage heißt es: „Vieles spricht dafür, dass ein großer Teil der Gratisleistungen im Kontext von Erreichbarkeitsanforderungen zu Hause oder unterwegs erbracht wird.“ Vergleichsweise hohe Werte ermittelte die Umfrage beim Sinn der Arbeit: 86 Prozent der Befragten identifizieren sich mit ihrer Arbeit, zwei Drittel glauben, einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Gut steht es auch um die Sicherheit des Arbeitsplatzes: 85 Prozent machen sich selten oder nie Sorgen, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte zur DGB-Umfrage: „Deutschland verzeichnet auch im internationalen Vergleich Spitzenwerte bei der Arbeitszufriedenheit.“ Der BDA weist außerdem darauf hin, dass eine Studie der Kranken- und Unfallversicherungen im Jahr 2010 ergeben habe, dass rund 90 Prozent der Deutschen ihre Arbeit als vielseitig und abwechslungsreich betrachten. Quelle: Die Welt Kompakt

Von Hans Klumbies

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