Der Weg zur Freiheit führt über Gleichheit und Gerechtigkeit

Joseph Stiglitz skizziert in seinem neuen Buch „Der Weg zur Freiheit“ eine Ökonomie für eine gerechte Gesellschaft. Er schreibt: „Wir befinden uns mitten in einem globalen Krieg, in dem es darum geht, Freiheit zu schützen und zu bewahren.“ Joseph Stiglitz ist fest davon überzeugt, dass Demokratien und freie Gesellschaften die Bedürfnisse ihrer Bürger sehr viel effektiver befriedigen als autoritäre Systeme. Allerdings versagen die freien Gesellschaften auf mehreren Schlüsselgebieten, insbesondere in der Wirtschaftspolitik. Laut Joseph Stiglitz gibt es vier Freiten: erstens, die Freiheit zu arbeiten, zweitens, die Freiheit, die Früchte seiner Arbeit zu genießen, drittens, die Freiheit, Eigentum zu besitzen und darüber zu verfügen, und viertens, die Freiheit, an einem freien Markt teilzunehmen. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Heute lehrt er an Columbia University in New York und ist ein weltweit geschätzter Experte zu Fragen von Ökonomie, Politik und Gesellschaft.

Das Scheitern des Neoliberalismus ist offensichtlich

Das erste Ziel dieses Buches besteht darin, den Freiheitsbegriff aus der Sicht der Wirtschaftswissenschaften des 21. Jahrhunderts auf eine verständliche und einfache Weise zu erklären, so wie es John Stuart Mill in der Mitte des 19. Jahrhunderts in seinem klassischen Werk „On Liberty“ (Über die Freiheit, 1859) getan hat. Heutzutage kann Freiheit als ein Wert verstanden werden, der eng mit den Begriffen „Gleichheit“, „Gerechtigkeit“ und „Wohlergehen“ verbunden ist.

Joseph Stiglitz hofft auf einen historischen Moment, in dem das Scheitern des Neoliberalismus so offensichtlich ist, dass er aufgeben wird. Die Welt verändert sich ständig, und sie verändert sich in einer Weise, die sich nicht vorhersagen lässt. Eine der wichtigsten Veränderungen in unserer Wirtschaft und Gesellschaft ist der Erwerb neuen Wissens – nicht nur infolge der Erfindung neuer Technologien, durch wissenschaftliche Fortschritte, sondern auch dadurch, dass wir mehr über die Funktionsmechanismen unseres komplexen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems lernen.

Unregulierte Märkte haben viele zentrale Probleme geschaffen

Eine gut funktionierende Gesellschaft braucht Regeln, staatliche Markteingriffe, öffentliche Institutionen und mit Steuern finanzierte öffentliche Ausgaben. Unregulierte Märkte haben viele der zentralen Probleme geschaffen, denen wir uns gegenübersehen, unter anderem Ungleichheiten, die Klimakrise und die Opioidkrise in den USA. Und unregulierte Märkte können keines davon lösen; sie können die tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen der Gegenwart – wie etwa die globale Erwärmung, KI und die Neuordnung der Geopolitik – nicht bewältigen, ohne viele zurückzulassen.

Der progressive Kapitalismus zeichnet sich durch seine Schwerpunkte der Gleichheit, der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie aus. Zudem maximiert er die wirtlichen Freiheiten der Bürger. Joseph Stiglitz zieht folgendes Fazit: „Der progressive Kapitalismus wird uns erlauben, eine dynamische Demokratie aufzubauen, in der die Menschen für das Gemeinwohl kooperieren. Es ist das wirtschaftliche und politische System, das uns wirklich befreit.“

Der Weg zur Freiheit
Ökonomie für eine gerechte Gesellschaft
Joseph Stiglitz
Verlag: Siedler
Gebundene Ausgabe: 477 Seiten, Auflage: 2025
ISBN: 978-3-8275-0199-8, 28,00 Euro

Von Hans Klumbies