Der Mensch kann die Wirtschaft sowohl kontrollieren als auch beeinflussen

Jonathan Aldred fordert: „Wir sollten diejenigen – Ökonomen und andere – zurückweisen, die behaupten, wir könnten ökonomische Ideen und die Wirtschaft nicht beeinflussen.“ Die Wirtschaft ist nicht wie ein natürliches System mit Gesetzen und Kräften, die der Mensch nicht kontrollieren könnte. Sie ist kein monolithisches Ding aus einer anderen Welt. Es ist richtig, dass bösartige ökonomische Ideen sich tief im alltäglichen Leben verankert haben, doch diese Entwicklung ist relativ neu. Zudem waren Ökonomen in der Regel kaum motiviert oder geübt zu versuchen, komplexe Ideen in einfachen Begriffen zu erklären. Manchmal haben sie sogar eine verzerrte Sicht dessen, was komplex ist. Jonathan Aldred ist Direktor of Studies in Ökonomie am Emmanuel College. Außerdem lehrt er als Newton Trust Lecturer am Department of Land Economy der University of Cambridge.

Ökonomen müssen ihre Argumente verständlich formulieren

Viele Ökonomen sehen die Verhaltensökonomik lediglich als eine Ansammlung von „Abweichungen“ von dem orthodoxen mathematischen Modell, das den homo oeconomicus definiert. Jonathan Aldred ergänzt: „Aus dieser Perspektive kann die Verhaltensökonomik nur verstanden werden, wenn man dieses mathematisches Modell bereits kennt – in Verbindung mit etwas schwierigen mathematischen Operationen, die obendrauf gepfropft werden, um diese Abweichungen in das Modell zu integrieren.“ Das hat zur Folge, dass die eigentlich einfachen Konzepte, die der Verhaltensökonomik zugrunde liegen, zu komplex erscheinen, um sie der Öffentlichkeit erklären zu wollen.

Was auch immer die Gründe sein mögen – Ökonomen müssen sich mehr Mühe geben. Wenn sie erreichen wollen, dass man ihren Analysen Beachtung schenkt, muss man diesen Analysen vertrauen – und dafür müssen sie einigermaßen verständlich sein. Jonathan Aldred erklärt: „Wenn uns an einem kritischen Punkt einer ökonomischen Argumentation gesagt wird, dass „X nachgewiesen wurde“, fühlen wir uns herablassend behandelt und neigen dazu, diese Argumente völlig zu ignorieren.“

Die Schlussfolgerungen von Ökonomen sind manchmal stark vereinfacht

Noch ein Problem ist, dass öffentliche Empfehlungen oder Schlussfolgerungen von Ökonomen manchmal zu stark vereinfacht sind, weil sie die Nuancen und Vorbehalte weglassen. Jonathan Aldred erläutert: „Man nehme zum Beispiel die Kontroverse „Freihandel versus Protektionismus“. Der Harvard-Ökonom Dani Rodrick räumt ein, dass viele Ökonomen sich vorwerfen lassen müssen, sich in der Öffentlichkeit in allzu stark vereinfachender Form für Freihandel ausgesprochen zu haben.“

Dani Rodrik berichtet dagegen, dass die meisten Ökonomen im privaten Gespräch durchaus zugeben, dass die Antwort auf die Frage „Freihandel oder Protektionismus?“ eigentlich lauten muss: „Das kommt darauf an.“ Der Grund für ihre dogmatischen öffentlichen Aussagen, so Dani Rodrik, sei „ihr Drang, die Kronjuwelen der Profession … Markteffizienz, die unsichtbare Hand … in unbefleckter Form zu präsentieren und sie vor den Attacken egoistischer Barbaren – den Protektionisten – abzuschirmen.“ Quelle: Der korrumpierte Mensch“ von Jonathan Aldred

Von Hans Klumbies