Lucy F. Jones betont: „Die Zukunft der Natur hängt nicht zuletzt vom Klimawandel ab, davon, wie er sich auf das Landschaftsbild und die Bevölkerung auswirkt. Natürliche Räume, in denen wir uns erholen – und die erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben –, hängen zum Teil von den Wetterbedingungen ab, und diese befinden sich gerade im Wandel.“ In Schweden werden durch den Klimawandel wärmere, schneeärmere Winter und kältere, niederschlagsreiche Sommer prognostiziert. Eine Studie des Psychologen Terry Hartig zum Bedarf an Antidepressiva zwischen 1991 und 1998 legt nahe, dass sich ein Mangel an Erholung in der Natur auf die geistige Gesundheit niederschlägt. Lucy F. Jones ist Journalistin und schreibt regelmäßig zu wissenschaftlichen Themen, Gesundheit, Umwelt und Natur für die BBC, The Guardian und The Sunday Times.
Das Klimachaos wird sich auf alle Länder negativ auswirken
Er fand heraus, dass während eines ungewöhnlich kalten Julimonats sowohl bei Frauen als auch bei Männern der Bedarf an Antidepressiva stieg. Lucy F. Jones erklärt: „Es leuchtet ein, dass Menschen gestresster sind und sich ihre psychische Verfassung verschlechtert, wenn sie nicht wie gewohnt an der frischen Luft aktiv sein können, um, in Hartigs Worten, ihre mentalen Akkus wieder aufzuladen.“ Immer mehr Studien zeigen darüber hinaus, dass steigende Temperaturen vermehrt zu psychischen Problemen, Krankheiten und Suizid führen.
Auch in anderen Teilen der Welt machen sich die Auswirkungen des Anthropozäns bemerkbar. Lucy F. Jones stellt fest: „Es steht außer Frage, dass sich das Klimachaos mit zunehmenden Fortschreiten auf die meisten Länder – vielleicht sogar alle – auswirken wird.“ Was in der Arktis passiert, bleibt nicht auf die Arktis beschränkt, es wirkt sich auf den restlichen Planeten aus, wie Timothy Gallaudet von der National Oceanic and Atmospheric Administration gesagt hat.
Die geschundene Welt löst Trauer und Orientierungslosigkeit aus
Der Klimawandel wird sich also auf unterschiedliche Art auf die psychische Gesundheit der Menschen auswirken. Lucy F. Jones erläutert: „Die am stärksten betroffenen Bevölkerungsteile werden diverse Traumata durch Katastrophen erfahren, Fluten beispielsweise, Krankheiten und extreme Hitze. Sie werden ihre Häuser verlieren, ihre Gesundheit, ihr Leben, Kulturen und Lebensformen werden verschwinden.“ Für die Bauern des australischen Weizengürtels, deren Farmen von Stürmen vernichtet worden sind, kommt dieser Verlust einem Todesfall gleich.
Die Gemeinschaft der Menschen, ihre Identität und ihr soziales Umfeld werden all das noch auf subtilere Weise zu spüren bekommen, auf eine Weise, die sich jetzt noch nicht vorstellen können. Dieser Effekt wurde als „langsame Gewalt“ bezeichnet. Lucy F. Jones weiß: „Er wird sich in Form von psychischen Belastungen, Trauer und Orientierungslosigkeit zeigen.“ Der australische Akademiker Glenn Albrecht, der den Begriff „Trostalgie“ erfunden hat, betont, diese Orientierungslosigkeit rühre nicht von ökologischer Trauer oder Furcht her, sondern „von der Welt, die diese Gefühle in uns auslöst“. Sie ist ein ganz natürliche Reaktion auf einen Verlust – und wird künftig sehr viel häufiger auftreten. Quelle: „Die Wurzeln des Glücks“ von Lucy F. Jones
Von Hans Klumbies