Forscher aus München haben herausgefunden, dass Depressionen bei Männern ein ähnlich großes Risiko für Herzkreislauferkrankungen bergen wie die klassischen körperlichen Faktoren Übergewicht und erhöhtes Cholesterin. Nur Bluthochdruck und Rauchen brächten ein noch höheres Risiko mit sich, berichtet Studienleiter Karl-Heinz Ladwig. Betroffene beschreiben ihren Zustand als schwarzen, bleischweren Vorhang, der sich auf ihr Leben legt. Sie fühlen sich müde, freudlos und denken sogar daran, ihr Leben zu beenden. Depression wird als Volkskrankheit teils bis heute unterschätzt. Dabei hat sie unbehandelt mitunter schwere körperliche Folgen. Auf die Dauer kann sie auch das Herz schädigen – und zwar stärker als bisher angenommen. Karl-Heinz Ladwig betont: „Ein psychisches Phänomen kann größere Einflüsse auf den Körper haben, als man bisher dachte.“ Folglich könnte eine Therapie der Depression in manchen Fällen Herzinfarkte vermeiden helfen und im Extremfall sogar Leben retten.
Weltweit leiden 350 Millionen Menschen an Depressionen
Karl-Heinz Ladwig schlägt deshalb vor, bei Hochrisikopatienten eine mögliche Depression standardmäßig abzuklären. Arno Deister, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), sagt: „Neu an der aktuellen Studie ist neben der hohen Zahl der ausgewerteten Daten die Aussage, dass Depression ein so großer Risikofaktor sein kann wie andere klassische Erkrankungen, von denen man das schon lange weiß. Aber bei der Zusammenarbeit zwischen Hausärzten, Kardiologen und Psychiatern können wir noch etwas besser werden.“
Laut Arno Deister werden Depressionen häufig bis heute nicht erkannt, schließlich gehen die meisten Menschen regelmäßig zum Hausarzt, aber nicht zum Psychiater. Teils gilt sie in der Gesellschaft noch immer nicht als ernsthafte Erkrankung. Arno Deister erläutert: „Depressive haben oft den Eindruck, sie sind nicht richtig krank – oder denken, sie hätten etwas falsch gemacht und seinen selbst schuld.“ Dabei greift eine Depression tief in den Organismus ein, denn sie ist eine Form von massivem Stress. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO leiden weltweit 350 Millionen Menschen an Depressionen.
Die Depression wirkt auf die Gefäße auch über Stresshormone
Die wissenschaftliche Behandlungsleitlinie in Deutschland geht davon aus, dass hierzulande 16 bis 20 Prozent der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken. Depressive Herzpatienten haben dabei ein besonderes Risiko. Die Münchner Kardiologin Petra Hoppmann nennt die Gründe: „Die Patienten nehmen nicht so strikt ihre Medikamente und kümmern sich nicht so gut um Ernährung und sportliche Betätigung wie Nicht-Depressive. Die Depression wirkt auf die Gefäße aber auch über Stresshormone.“
Diese Hormone verändern den Stoffwechsel. Die Folge sind chronische Entzündungsvorgänge, die Gefäße verändern und Blutgerinnung fördern. Damit können Adern leichter verstopfen. Ähnliche Vorgänge hätten andere Forscher auch bei chronischer Erschöpfung beobachtet. Das Herz reagiert über Stresshormone besonders stark auf die Psyche. Kardiologen befassen sich seit Anfang der 1990er Jahre auch mit dem „Broken-Heart-Syndrom“ als akutes Krankheitsbild. Es geht bei schweren Verlusten, Trennungen und psychischer Belastung mit ähnlichen Symptomen einher wie ein Infarkt. Das Herz krampft sich zusammen, die Brust schmerzt. Quelle: Passauer Neue Presse
Von Hans Klumbies