Das Narrenschiff der Katherine Anne Porter

Der Roman „Das Narrenschiff“ der amerikanischen Schriftstellerin Katherine Anne Porter ist ein großer Gesellschaftsroman, dessen Titel auf die gleichnamige Dichtung von Sebastian Brant aus dem 15. Jahrhundert anspielt. Die Protagonisten der Handlung sind Schiffsreisende auf der Fahrt von Veracruz in Mexiko nach Bremerhafen in Deutschland. Zu den Passagieren zählen unter anderen patriotische Deutsche, biedere Schweizer, eine Tänzergruppe aus Spanien, ein junges amerikanisches Künstlerpaar, ein Todgeweihter im Rollstuhl, eine abgetakelte Gräfin, eine Kubanerin aus der Upperclass, ein Buckliger, eine Lehrerin, deren Mann gestorben ist sowie ein jüdischer Handlungsreisender.

Katherine Anne Porter vertraute beim Schreiben nur der Erfahrung

Die Reise dieses menschlichen Gruselkabinetts dauert 23 Tage. Mit an Bord im Zwischendeck sind Hunderte spanische Arbeiter und Arbeiterinnen, die in Mexiko keinen Job mehr finden konnten. Mit ihren Kindern treten sie die Heimreise an. Der Schiffsarzt ist immerzu müde, der Kapitän ein Faschist. Mit dem Personal wird rau umgegangen, der Zahlmeister, der für die Belegung der Kabinen verantwortlich ist, macht einen perfiden Eindruck. Bei dieser Crew und diesen Passagieren ist es kein Wunder, dass die Überfahrt einer Höllentour gleicht.

Die Reise von Veracruz nach Bremerhafen hatte die Schriftstellerin Katherine Anne Porter Anfang der dreißiger Jahre selbst unternommen. Bei ihrer schriftstellerischen Arbeit vertraute sie nur der Erfahrung – jener Mischung aus Erinnerungen, Erkenntnis und Durchdringung, die sich nicht künstlich herstellen lässt, sondern als Essenz aus der gelebten Zeit überdauert und wenn es das Schicksal gut mit einem Menschen meint, in Worte fassen lässt. Ihr Blick auf ihre Mitmenschen war nicht ohne Anteilnahme, aber immer ohne jede Schwärmerei. In ihrer unbestechlichen Art beschrieb sie die Menschen, woraus sie ihrer Meinung nach gemacht sind – aus ganz krummem Holz.

Kurzbiographie: Katherine Anne Porter

Katherine Anne Porter wurde am 15. Mai 1890 in Indian Creek, Texas, geboren. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter wuchs sie mit ihren Geschwistern bei der Großmutter auf. Sie heirate schon mit 16 Jahren, um den familiären Zwängen zu entkommen. Nach fünf Jahren kam es zur Trennung. Vier weitere Ehen folgten.

Katherine Anne Porter arbeitete als freie Journalistin in New York, Boston, Kalifornien, Mexiko, auf den Bermudas und in Paris. Am Ende ihres Lebens wohnte sie in Texas. 1930 veröffentlichte sie ihre ersten Erzählungen. 1962 erschien ihr Roman „Das Narrenschiff“. Die New York Times schrieb damals: „Das Narrenschiff ist ein Roman, auf den eine ganze Generation dreißig Jahre lang gewartet hat. Und wenn wir noch einmal dreißig Jahre hätten warten müssen, dann hätte sich auch das gelohnt.“

1966 erhielt Katherine Anne Porter für eine Sammlung ihrer Erzählungen den Pulitzer-Preis. Zu den bekanntesten Erzählbänden der Schriftstellerin zählen „Blühender Judasbaum“ und „Fahles Pferd und fahler Reiter“. Katherine Anne Porter starb am 18. September 1980 in Silver Spring, Maryland.

Von Hans Klumbies