Das Geschäft mit der Psyche boomt

Diana Pflichthofer warnt in ihrem Buch „Die Psychoindustrie“, dass in diesem Bereich mehr Show als Substanz vorherrscht. Eine Vielzahl von selbst ernannten Therapeuten, Coaches und Heilpraktiker versprechen Menschen in psychischer Not Erleichterung und Heilung. Das Geschäft mit der Psyche boomt. Doch in einer Zeit der Krisen, die psychische Erkrankungen deutlich ansteigen lassen, sind diese ausgeklügelten Geschäftsmodelle ausgeklügelter denn je. Immer wieder ist Diana Pflichthofer erstaunt, wer sich im Fernsehen oder in Zeitungen sich auf welche Weise sich zu Themen rund um psychische Erkrankungen und Nichterkrankungen äußert. Was sich gerade in der sogenannten „Psychoindustrie“ abspielt macht Diana Pflichthofer fassungslos: „Seit geraumer Zeit beobachte ich, wie viele vermeintliche Psycho-Expertinnen auf den Psycho-Markt drängen und „therapieren“ möchten, häufig ohne Ausbildung, ohne fachkundige Supervision, ohne Erfahrung mit klinischen Krankheitsbildern und ohne professionelle Selbsterfahrung.“ Dr. Diana Pflichthofer ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytikerin und Gruppenanalytikerin.

Diana Pflichthofer weist einen Weg durch den Psycho-Dschungel

Aber woher kommen all die Pseudoexperten? Warum sind sie so beliebt? Eine Antwort ist womöglich in dem Begriff der Optimierung zu finden. Man kann vermutlich mit einigem Recht behaupten, dass unsere Gesellschaft sich in einer Art „Optimierungsrausch“ befindet. Jeder, so heißt es immer wieder, könne sich zu einem erfolgreichen Selbst gestalten, es bedürfe nur einiger Optimierungs-, Empowerment- und Managementprogramme und den absoluten Glauben an die eigene Kraft. Es gilt aktiv zu sein und flexibel.

Diana Pflichthofer will ihren Lesern dabei helfen, sich in dem Psycho-Dschungel nicht zu erlaufen, sondern sich zu orientieren und herauszufinden, wie sie professionelle Psychotherapeuten von solchen unterscheiden können, die sich nur dafür ausgeben. Die Gefahren, die von der Psychoindustrie ausgehen, sind vielfältig: Sie reichen von der wiederkehrenden Tendenz zum Sozialdarwinismus und der angeblichen Verantwortung der Gene bis zum Missbrauch angeblicher psychischer Diagnosen, um nur einige zu nennen.

Die negativen Emotionen gehören zum Leben wie die positiven

Laut Diana Pflichthofer gibt es einen großen Psycho-Ramschmarkt. Bestandteilte davon sind der Buddhismus, das angebliche Achtsamkeitskonzept und die sogenannte Positive Psychologie. Letztgenannte infiltriert, weil häufig unbekannt, das Leben des Einzelnen mit dem großen Glücksversprechen, das angeblich so leicht zu haben sei, dass es schlicht nicht verständlich ist, warum Menschen nicht einfach zugreifen. Eckart von Hirschhausens sogenanntes „Glückstraining“ speist sich übrigens aus der Positiven Psychologie.

Dagegen müssen Psychotherapeuten einen Raum bereitstellen, in dem sich das Selbst wirklich finden und in der Beziehung mit sich und dem anderen zu sich finden kann. Diana Pflichthofer betont: „Dazu gehört, dass wir Raum bieten für die negativen Emotionen und unseren Patientinnen dazu verhelfen, mit diesen einen Umgang zu finden. Das Verbannen der „bösen“ negativen Effekte, die allenfalls „begraben“ gehören oder gleich geleugnet werden, ist aus meiner Sicht eine wesentliche Schwierigkeit der Moderne.“

Die Psychoindustrie
Wie das Geschäft mit unserer Psyche funktioniert und was es so gefährlich macht
Diana Pflichthofer
Verlag: Goldegg
Gebundene Ausgabe: 286 Seiten, Auflage: 2024
ISBN: 978-3-99060-423-6, 25,00 Euro

Von Hans Klumbies