Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Die Beschleunigung des Artensterbens ist keine bloße Annahme, sondern belegbar.“ Der Living-Planet-Index hat ermittelt, dass die Wirbeltierbestände der Erde sind seit 1970 um etwa 60 Prozent geschrumpft sind. Um ihn zu ermitteln, sind die wissenschaftlichen Daten eines halben Jahrhunderts über fast 17.000 Populationen von mehr als 4.000 Wirbeltierarten ausgewertet worden. Es gibt also heute insgesamt weniger als halb so viele wilde Tiere wie noch vor fünfzig Jahren. Nimmt die Zahl der Individuen innerhalb der Arten weiter ab, muss zwangsläufig in den kommenden Jahrzehnten auch die Aussterberate schneller in die die Höhe schießen In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Die moderne Landwirtschaft ist der schlimmste Artenkiller von allen
Das größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier ist längst eine messbare Tatsache. Dabei gibt es zwei Entwicklungen: Der Menschheit geht es immer besser. Allem anderen immer schlechter. Und anders als die Klimakrise hat das Artensterben gleich mehrere Auslöser. Die Degradierung der Erdoberfläche, die Zerstörung von Lebensräumen, ist der schlimmste Artenkiller von allen. Dirk Steffens und Fritz Habekuss betonen: „Eine der Hauptursachen: die moderne Landwirtschaft, die immer größeren Monokulturen für immer größere Maschinen angelegt und immer mehr Wälder und Wiesen in artenarme Äcker verwandeln.“
Obwohl die Konsequenzen bekannt sind, bleibt der Waldverlust seit fast zwanzig Jahren auf viel zu hohem Niveau. Allein 2018 gingen Waldflächen von der Größe Großbritanniens verloren: 7.000 Quadratmeter, rund ein Fußballfeld, in jeder einzelnen Sekunde. Dirk Steffens und Fritz Habekuss stellen fest: „In der Regel haben Gegenden mit einer hohen landwirtschaftlichen Produktivität auch den höchsten Grad an Lebensraumvernichtung.“ Ein Drittel der Landfläche auf der Erde wird landwirtschaftlich genutzt.
Nur ein Stopp der Waldvernichtung kann das Artensterben aufhalten
Ein Viertel aller Treibhaus-Emissionen ist auf die Umwandlung von Land in Äcker und Felder zurückzuführen. Und auf diesen Äckern wird zu einem großen Teil nicht Menschen- sondern Tiernahrung angebaut. Dirk Steffens und Fritz Habekuss fügen hinzu: „Ungefähr ein Drittel der Landwirtschaftsflächen dient ausschließlich der Produktion von Viehfutter – und damit letztlich der Fleischproduktion. Für diese neuen Äcker wird vor allem Regenwald vernichtet.“ Auf diesem Wege exportieren die reicheren Länder des Nordens ihren Flächenbedarf in den Süden.
Dort ist der Wald seit 1990 um etwa 30 Prozent geschrumpft. Gerade der Verlust von Wäldern ist problematisch. Vier von fünf aller Tier- und Pflanzenspezies kommen in Wäldern vor. Das Artensterben wir sich nur aufhalten lassen, wenn die Waldvernichtung aufhört. Dirk Steffens und Fritz Habekuss erläutert: „Doch danach sieht es derzeit nicht aus: Laut einer 2015 in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlichten Studie werden geschätzte 15 Milliarden Bäume pro Jahr gefällt, rund ein Prozent der bewaldeten Fläche verschwindet jährlich.“ Quelle: „Über Leben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss
Von Hans Klumbies