Danielle Allen fordert eine vernetzte Gesellschaft

Laut Danielle Allen benötigt man politische Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, dass man eine „vernetzte Gesellschaft“ erreicht. Nur so kann das Ideal „sozialer Verbundenheit“ entstehen. In diesem Rahmen gibt es kulturelle Gewohnheiten, die zum individuellen Wohlergehen beitragen. Zudem bringen sie die soziale Verbundenheit aktiv zur Geltung. Sozialkapital-Forscher unterscheiden drei Arten von sozialen Beziehungen: Bonding, Bridging und Linking. Danielle Allen erklärt: „Bindungen sind jene engen Beziehungen, die Verwandt, Freunde und sozial ähnliche Personen zusammenhalten.“ Brücken werden in jenen loseren Beziehungen gebaut, die Menschen über demografische Spaltungen hinweg miteinander verbinden. Und Verbindungen sind schließlich die vertikalen Beziehungen zwischen Menschen auf unterschiedlichen Stufen einer Statushierarchie. Danielle Allen ist James Bryant Conant University Professor an der Harvard University. Zudem ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

Bindungen erzeugen Sicherheit und Vertrauen

Brückenbau ist am schwierigsten. Bindungen im Sinne von Bonding ergeben sich im Grunde genommen von selbst. Sie nehmen ihren Ausgang in der Familie und spinnen sich weiter. Doch Brückenbau hängt mit der Sozialstruktur zusammen. Danielle Allen erläutert: „Schulen, Militär, politische Körperschaften sind typische Institutionen, in denen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenkommen.“ In einer vernetzten Gesellschaft – im Sinne von lebendiger und engagierter – wird der Brückenbau maximiert.

Das geht im Allgemeinen nicht ohne Institutionen. Danielle Allen sagt, dass man das Brückenbauen maximieren muss. Das heißt freilich nicht, dass man Bindungen im erstgenannten Sinne außer Acht lassen darf. Für eine gesunde psychologische Entwicklung benötigen alle Menschen Bindungen. Auf Bindungen beruht ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen. Sie sorgen für das Selbstvertrauen, das in den richtigen Kontexten Erfolg begünstigen kann. Deshalb stellt sich die Frage, wie man Bindungen im Sinne von Bonding pflegen kann, die gleichzeitig das Bauen von Brücken erleichtern.

Vernetzte Gesellschaften sind egalitärer

Wichtig ist für Danielle Allen, dass gute Gründe für die Annahme bestehen, dass stark vernetzte Gesellschaften in einer Vielzahl von Hinsichten egalitärer sind. Dazu zählen gesundheitliche Folgen, Bildungserfolge sowie Wirtschaftsergebnisse. Danielle Allen betont: „Solche empirischen Fakten stellen die Entwicklungsbasis meines Ideals einer vernetzten Gesellschaft dar. Man denke etwa an die Auswirkungen von Vernetzung bzw. Verbundenheit auf den Arbeitsmärkten.“

Beispielsweise werden ökonomische Möglichkeiten durch das Bauen von Brücken eher erweitert, als in inselförmigen Teilgemeinschaften innerhalb eines politischen Gemeinwesens gebündelt. Das ergibt durchaus Sinn. Diejenigen, mit denen man am engsten verbunden ist, haben zu großen Anteil an der eigenen Welt. Es ist sehr viel unwahrscheinlicher, dass sie mit neuen Informationen aufwarten. Das wissen alle Menschen intuitiv. Doch die wichtigsten egalitären Auswirkungen des sozialen Verbundenheitsgrades ergeben sich aus dem Bauen von Brücken und seinem Einfluss auf die Verbreitung von Wissen. Quelle: „Politische Gleichheit“ von Danielle Allen

Von Hans Klumbies