Der britische Philosoph David Pearce hat ein populäres E-Book mit dem Titel „The Hedonistic Imperative“ geschrieben, das echten geistigen Sprengstoff enthält. Daniel Klein erklärt: „Er zwingt sich mir die Frage zu stellen, als ob es im Leben etwas Wertvolleres gibt, als sich die ganze Zeit über enorm gut zu fühlen.“ Zunächst einmal übernimmt David Pearce seine grundlegenden Prämissen von zwei altehrwürdigen Philosophen, und zwar von Epikur und Jeremy Bentham, dem britischen Sozialphilosophen des 18. Jahrhunderts. Von Epikur kommt der Lehrsatz, dass das glücklichste Leben durch ataraxia (Angstfreiheit) und aponia (Schmerzfreiheit) gekennzeichnet ist. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.
In der Zukunft wird es überall nur noch lächelnde Gesichter geben
Von Jeremy Bentham stammt die utilitaristische Idee, dass alle menschlichen Handlungen von dem Prinzip geleitet sein sollten, einer größtmöglichen Zahl von Menschen das größtmögliche Glück zu verschaffen. David Pearce glaubt nicht nur, dass diese beiden Ideale selbstverständlich sind, sondern auch, dass sie die Menschen dazu auffordern, alles nur irgend Mögliche zu tun, damit sich das Glück überall ausbreiten kann. Was David Pearce zur hedonistischen Tradition hinzufügt, ist ein zeitgemäßes und sogar visionäres technisches Programm, mit dem sich dieses Ziel erreichen lässt.
Auf die Frage wie man eine Welt von immerfort schmerz- und depressionsfreien Menschen schafft, antwortet David Pearce wie folgt: „Unsere Nachfahren werden von Fluten eines genetisch vorprogrammierten Wohlbefindens erfüllt sein, die um Größenordnungen reicher sein werden als die extremsten Erfahrungen von heute.“ In der Zukunft wird es alles überall nur lächelnde Gesichter geben und das rund um die Uhr. Das mag sich für viele Menschen nach Science-Fiction anhören, aber David Pearce ist auch ein Experte für Nanotechnologie, Gentechnik und Designerdrogen.
In allen empfindungsbegabten Lebewesen soll das Leiden ausgelöscht werden
In der Nanotechnologie werden zum Beispiel aus einzelnen Atomen und Molekülen elektrische Schaltungen konstruiert. Biomediziner arbeiten schon seit längerer Zeit an neuen Methoden für die sogenannte „Neuromodulation von Stimmungen“. Daniel Klein erläutert: „Dazu gehören die Transkranielle Magnetstimulation, die Prothetik des Zentralnervensystems und die Verwendung von Implantaten zur elektrischen Neurostimulation.“ David Pearce hält es für „ethisch zwingend“, das Leiden in allen empfindungsbegabten Lebewesen auszulöschen.
David Pearce ist auch zuversichtlich, dass dies im Rahmen der technischen Möglichkeiten liegt. Daniel Klein fragt sich allerdings, ob das Programm von David Pearce angesichts gewisser Beschränkungen in der Natur des Menschen überhaupt zu verwirklichen ist. Experimentalpsychologen, die sich mit dem „Sollwert des Glücks“ beschäftigen, haben herausgefunden, dass das Hervorrufen von Glücksgefühlen keine dauerhaften Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden haben kann. Quelle: „Immer wenn ich den Sinn des Lebens gefunden habe, ist er schon wieder woanders“ von Daniel Klein
Von Hans Klumbies