Die „Gala-Diners“ von Salvador Dalí sind in Bild und Wort einzig den Freuden des Gaumens gewidmet. Im dritten von zwölf Kapitel geht es um Vorspeisen, die das spanische Malergenie als „Große Köstlichkeiten aus Winzigem“ bezeichnet. Dazu zählt Salvador Dalí beispielsweise „Blutwurstsoufflé mit Maronen“, „Rinderhirn in Speck“ oder „Gegrillter Hammelkopf“. Jedes Rezept ist detailliert beschrieben und mit einer Zutatenliste versehen. Zu den einzelnen Kapiteln hat Salvador Dalí eigens zwölf Tafeln entworfen und signiert. Das Buch enthält außerdem sechsundfünfzig farbig illustrierte Rezepte, darunter einundzwanzig von den ungekrönten Königen der französischen Gastronomie: Lasserre, La Tour d`Argent, Maxim`s und Le Buffet de la Gare de Lyon. Fleisch ist für Salvador Dalí nichts anderes als sodomisierte Zwischengerichte. Das Bahnhofsrestaurant in Lyon steuert für dieses Kapitel sein Rezept „Roastbeef im Gemüsekranz“ bei.
Bei der „Königskrabbe mit Champignons“ darf der Nussknacker nicht fehlen
Aus dem Maxim´s stammt das Rezept „Gefüllter Lammrücken Hochplateau im eigenen Saft gebraten“. Beim Anrichten wird der Lammrücken reichlich mit Spargel garniert. Schnecken und Frösche sind für Salvador Dalí schillernde Sputniks, die auf der Erde zu Haus sind. Außer anderem werden in dem Kapitel Gerichte wie „Froschcreme“, „Weinbergschnecken in Weiß“, „Schneckensuppe“ und „Königskrabbe mit Champignons“ vorgestellt. Beim letzten genannten Gericht ist es ratsam, auch einen Nussknacker auf den Tisch zu legen, denn man sollte seinen Gästen nicht die Freude nehmen, die Krabbenpanzer zu knacken un die Scheren auszusaugen.
Ebenso außergewöhnlich wie die Gerichte in diesem Buch sind die Fotos der festlich und pompös gedeckten Tische – ein wahrer Augenschmaus. Das Kapitel über Fisch und Krustentiere leitet Salvador Dalí mit folgendem Worten ein: „Fangen Sie sich doch die von mir selbst erfundene Anti-Sirenen-Forelle mit dem Fischkopf und dem Frauenleib, die mein Freund, der große surrealistische Maler René Magritte, so schön gemalt hat, und lassen Sie sich dieses Gericht in Brüssel, jawohl nur in Brüssel, zubereiten.“
Der „Cocktail Casanova“ wirkt wie ein Peitschenhieb
Das zehnte Kapitel trägt den Titel „Ich esse Gala“ und ist den Aphrodisiaka gewidmet. Die Rezepte heißen hier „Rumpsteak Eros“, „Cocktail Casanova“, „Aphroditen-Püree“ und „Durchbohrtes Herz“. Der „Cocktail Casanova“ soll wie ein Peitschenhieb wirken. Der Abschnitt über Entrements und Desserts trägt die Überschrift „Nächtliche Gelüste“. Das Maxim´s steuert sein Rezept „Sorbett mit altem Champagner“ bei. Dabei wird Sirup mit altem Champagner aufgegossen und zwanzig Minuten vor dem Servieren wird die Mischung in eine Sorbettiere gefüllt.
Hors d´oeuvre sind für Salvador Dalí die köstlichen kleinen Martyrien. Er schreibt: „Zum Schluss stelle ich der Phantasie meiner Leser elephantastische Hors d´oeuvres anheim. Sie sollten allerdings wissen, dass eine gustative Inbesitznahme die einzige Art ist, sich essbare Phosphoreszenzen einzuverleiben.“ Serviert werden hier eine „Schweinsohrsuppe“ oder „Trüffeln in Aschenbrödel-Blätterteig“. Das letztgenannte Rezept stammt von Lasserre. Benötigt werden dazu schöne runde Trüffeln mit einem Gewicht von 40 bis 40 Gramm. Salvador Dalí hat geniale surreale Bildwelten erschaffen und ein exzentrisches Leben gelebt. Wie könnte das sein Kochbuch anders sein als lebendig, aggressiv und herausfordernd.
Dali
Die Diners mit Gala
Verlag: Taschen
Gebundene Ausgabe: 321 Seiten, Auflage: 2016
ISBN: 978-3-8365-0875-9, 49,99 Euro
Von Hans Klumbies