Absolute Macht korrumpiert tatsächlich absolut

Lord Acton meint: „Macht tendiert dazu, korrupt zu machen, und absolute Macht korrumpiert absolut.“ Schon kleine Machtverschiebungen können Denkmuster und Verhaltensweisen verändern. Ein privilegierter Hintergrund an Gesundheit, Erziehung und Ansehen tragen zum sozialen Verhalten bei. Dacher Keltner ergänzt: „Wer vermehrte Macht genießt, isst mit größerer Wahrscheinlichkeit schnell und impulsiv, hat sexuelle Abenteuer, verletzt die Verkehrsregeln, lügt und betrügt, begeht Ladendiebstahl und kommuniziert auf grobe, respektlose und obszöne Weise. Absolute Macht korrumpiert tatsächlich absolut.“ Genau die Praktiken, die einem Menschen zu Macht verholfen haben, verschwinden, wenn er über die Macht verfügt. Man gewinnt und behält Macht durch Empathie, aber mit dem Besitz von Macht verliert man seinen Bezug zu den anderen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

Fast jeder Mensch ist für die Missbrauch von Macht anfällig

Man gewinnt und behält Macht, indem man gibt. Fühlt man sich aber mächtig, nimmt man und handelt oft in einer selbstsüchtigen und gierigen Weise. Dacher Keltner fügt hinzu: „Andere voller Dankbarkeit zu würdigen ist wesentlich, um die Macht zu erhalten, wenn wir uns aber erst einmal mächtig fühlen, werden wir grob und beleidigend. Wir erlangen bleibende Macht, indem wir Geschichten erzählen, die Einigkeit stiften. Aber einmal mit Macht versehen, erzählen wir Geschichten, die erniedrigen und spalten.“

Es sind nicht nur Diktatoren, machtgeile Politiker, Finanzjongleure und drogensüchtige Rockstars, die für Machtmissbrauch anfällig sind. Die falsche Anwendung von Macht kann das soziale Leben von jedem zu jeder Zeit unterhöhlen. Sei es bei der Arbeit, mit Freunden, wenn man Fremden begegnet oder mit seinen Kindern: Gerade die besonderen Fähigkeiten, die einem Menschen helfen, Respekt und Achtung zu gewinnen, werden korrumpiert, wenn man sich mächtig fühlt. Bedenken wegen des Rufs, die Frage des Status und Furcht vor Klatsch können einen Mächtigen einschränken.

Macht korrumpiert auf vierfache Weise

Macht vermittelt das Gefühl, von den anderen weniger abhängig zu sein. Man fühlt sich frei, den Fokus auf sich selbst und seine eigenen Wünsche und Ziele gerichtet. Macht korrumpiert laut Dacher Keltner in vierfacher Weise: Erstens führt Macht zu Defiziten an Empathie und moralischem Handeln. Zweitens führt Macht zu einem eigennützigen impulsiven Wesen. Drittens führt Macht zu Unhöflichkeit und Respektlosigkeit. Viertens führt Macht zu überheblichen Geschichten von Einzigartigkeit.

Das erste Opfer, das absolute Macht fordert, ist der Fokus auf andere, der eine der Grundlagen bleibender Macht ist. Dacher Keltner erläutert: „Verspüren wir absolute Macht, verschiebt sich unsere Aufmerksamkeit auf unsere eigenen Interessen und vermindert damit unsere Fähigkeit zum Empathie, also unser Verständnis von dem, was andere fühlen und denken.“ Mit dem Verblassen der Empathie schwindet auch die Fähigkeit zu moralischen Gefühlen, die auf Empathie beruhen. Insbesondere verschwindet das Mitleid, also die Sorge um das Wohlergehen der anderen, sodann die Ehrfurcht und Dankbarkeit für das, was man von anderen bekommen hat. Quelle: „Das Macht-Paradox“ von Dacher Keltner

Von Hans Klumbies