Eine Versuchung ist ein Anreiz zur Sünde

Gewohnheiten sind wie das Rückgrat eines Lebens. Sie lassen den Menschen aufrecht gehen, auch wenn es bequemer wäre, sich hängen zu lassen. Eine Versuchung ist ein Anreiz zur Sünde. Sie hängt von den inneren Zuständen einen Menschen ab wie der Stärke von Überzeugungen, der Willensstärke, der Selbstdisziplin. Sie ist aber auch von äußeren Faktoren abhängig, wie etwa der Gestaltung der Umgebung. Die Zeitdisziplin ist für Clemens Sedmak wohl ein Versuch, die inneren und die äußeren Faktoren zusammenzuführen. Der berühmte Schriftsteller Wystan Hugh Auden sah Disziplin, vor allem Zeitdisziplin, als den Schlüssel seines Erfolgs an: „Man muss sich für den Tag etwas Konkretes vornehmen, und wenn man immer zum selben Zeitpunkt dasselbe macht, hat man mit Ablenkungen keine Probleme.“ Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.

Die Stimme der Versuchung ist süß

Dieser Rat ist wertvoll: Denn wenn sich das eigene Verhalten nach einem Auslöser orientiert, dem man keine Alternative gegenüberstellt, kann sich entsprechendes Tun selbstverständlich einstellen. Die Stimme der Versuchung ist allerdings süß, denn sie verharmlost einen Bruch oder eine Übertretung. Eine beliebte Formulierung dieser Stimme lautet: „Es ist ja nur dieses eine Mal.“ Damit wird leichtfertig etwas zur Ausnahme erklärt. Versuchung bedeutet: Ein Wunsch tritt auf, der sich gegen ein für wichtig erachtetes Ziel richtet.

Wünsche, die mit gewichtigen Zielen in Konflikt geraten, werden unterschiedlich gehandhabt – unter anderem abhängig von Hemmschwellen und Selbstkontrolle, aber auch von der Präsenz und dem Verhalten anderer Personen. Es ist in Anwesenheit anderer leichter, einer Versuchung zu widerstehen, aber schwerer, wenn andere Personen der Versuchung bereits nachgegeben haben. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Hemmung, die mit der Selbstkontrolle verbunden ist, ein Aspekt, der in vielen Lebensbereichen relevant ist.

Eine schwache Gewohnheit lässt sich leicht brechen

Auf die Frage wie Hemmung aufgebaut wird, antwortet Clemens Sedmak: „Unter anderem dadurch, dass das Ziel, um das es geht, ebenso klar vor Augen steht wie der Preis, der für ein Abfallen von diesem Ziel zu entrichten sein wird.“ Allgemein gilt: je schwächer die Gewohnheit, desto leichter ist sie zu brechen. Die Stärke einer Gewohnheit hängt wiederum mit der Dauer und der Tiefe und Klarheit zusammen, aber auch mit der Umgebung, die den Kampf mit den Versuchungen erleichtern oder erschweren kann.

Versuchungen sind jene Impulse, die einen Menschen von einem Vorsatz abzubringen drohen. Ihnen zu widerstehen ist mit einem Kraftaufwand verbunden. Es scheint klug zu sein, dass Leben auf die Versuchung einzurichten und nich davon auszugehen, dass man einen Lebenskontext aufbauen wird können, der der Versuchung keinen Raum gibt. Mit den Worten Sunzis könnte man es so formulieren: „Die Kunst des Krieges lehrt uns, nicht darauf zu hoffen, dass der Feind nicht kommt, sondern darauf zu bauen, dass wir bereit sind, ihn zu empfangen.“ Quelle: „Jeder Tag hat viele Leben“ von Clemens Sedmak

Von Hans Klumbies