In Krisen muss die Politik die Konjunktur beleben

In schweren Wirtschaftskrisen erwartet man von der Politik, dass sie eingreift, um die Konjunktur zu stabilisieren. Clemens Fuest erläutert: „Steuern werden gesenkt und Staatsausgaben erhöht, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stützen. Die Notenbanken öffnen die Geldschleusen, um Banken und Unternehmen liquide zu halten.“ Die Coronakrise weist jedoch eine Reihe von Besonderheiten auf, die es erschweren, durch Fiskal- und Geldpolitik gegenzusteuern. Das lässt sich anhand des Vergleichs mit der globalen Finanzkrise erläutern. In der Finanzkrise gab es große Verwerfungen, weil Immobilienkredite platzten und Banken mit schwacher Eigenkapitalbasis kollabierten. Da Bankenpleiten sich sehr negativ auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken, sahen viele Regierungen sich gezwungen, Banken zu retten. Die Bankenrettungen mit Steuergeldern haben jedoch für viel Verbitterung in der Bevölkerung gesorgt. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

In der Coronakrise kann Geld nicht alles regeln

Dennoch hatte die Finanzkrise im Vergleich zur Coronakrise einen wichtigen Vorteil. Mit Geld waren so gut wie alle Probleme zu lösen. Ersparnisse gingen zwar verloren, viele Menschen stellten fest, dass sie ärmer sind als sie glaubten, aber realwirtschaftliche Beschränkungen spielten keine große Rolle. In der Coronakrise ist die Lage schwieriger. Geld kann hier nicht alles regeln. Das sah man sehr schnell, als man plötzlich weltweit Masken und Schutzkleidung in großer Zahl brauchte.

Länder, deren Industrie entsprechende Produktionskapazitäten hatten, schlossen die Grenzen. Medizinische Ausrüstung wollte man nicht exportieren. Wer nicht über eigene Produktion verfügte, konnte kurzfristig auch für noch so viel Geld weder Masken noch Schutzkleidung bekommen. Die Grenzen der Problemlösung durch Geld gehen aber weit über das Gesundheitswesen hinaus. Fabriken und Geschäfte, Restaurants und Kinos schließen, damit das Coronavirus sich nicht weiter verbreitet.

In der Coronakrise kann man drei Phasen unterscheiden

Die damit verbundene Stilllegung der Wirtschaft verursacht astronomische Verluste an Wertschöpfung. In dieser Lage ist es laut Clemens Fuest unsinnig zu versuchen, die Menschen durch Steuersenkungen oder andere Konsumanreize dazu zu animieren, in die Geschäfte zu kommen und einzukaufen. Kein Konjunkturprogramm kann die Verluste durch das Einstellen der Wirtschaftstätigkeit kompensieren. Trotzdem ist es wichtig, dass der Staat handelt. Dabei sollte die Politik auf die verschiedenen Phasen der Krise zugeschnitten sein.

Man kann drei Phasen unterscheiden. Die erste ist der akute wirtschaftliche Schock zu Beginn der Krise. Die zweite ist der Shutdown. Die dritte ist die Erholung der Wirtschaft, die mit der Lockerung des Shutdowns beginnt. Zu Beginn der Coronarezession steht das Finanzsystem im Fokus. Wie so häufig beim Ausbruch von Krisen ist auch dieses Mal die Reaktion der Finanzmärkte abrupt. Als den Investoren in der zweiten Februarhälfte 2020 klar wird, dass eine globale Pandemie bevorsteht, die eine tiefe Rezession auslösen wird, entsteht Panik. Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest

Von Hans Klumbies